$ 23. Die Polizeistrafe. 281
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einem ganz polizeimäßigen Bürger verlangt wird; sie wird durch
die allgemeinen Anschauungen bestimmt, durch die Sitte und den
gesunden Menschenverstand. Wenn der Mann bloß durch Über-
schreitung dieser Grenze den polizeilichen Mißerfolg verhindern
konnte, bleibt er frei?® — zum Zeichen, daß schließlich doch auch
die Polizeistrafe ein Verschulden voraussetzt und jene Lehre falsch
ist, welche den objektiven Tatbestand hier genügen lassen möchte.
3 An der Herbeiführung einer Polizeiwidrigkeit können
Mehrere nebeneinander selbständig beteiligt sein, so daß der
Polizeistrafrechtssatz sie nebeneinander trifft **.
Wo die verletzbare polizeiliche Pflicht nur bei dem allein be-
stimmenden Unternehmer entsteht, trifft die auf die verletzte Pflicht
gesetzte Strafe nur diesen, nicht auch seine Leute, deren er sich
in seinem Unternehmen bedient und durch welche seine Pflicht
zur Erfüllung kommen sollte. Das Strafgesetz kann aber weiter aus-
greifen und auch die Gehilfen und Ausführenden mittreffen, als ver-
antwortlich für die von ihnen nicht verhütete Polizeiwidrigkeit,
möglicherweise so, daß es den Unternehmer selbst dafür ent-
lastet?®. Dadurch trennt sich das Subjekt, an welchem die poli-
zeiliche Pflicht in erster Linie entsteht und obrigkeitlich bestimmt
wird, von dem, an welchem sie durch die Strafe eingeschärft wird.
Diese Erscheinung tritt besonders scharf hervor bei der polizei-
rechtlichen Behandlung der juristischen Personen. Der Grund-
satz, daß die juristische Person, weil eines Verschuldens unfähig, der
öffentlichen Strafe nicht zugänglich ist, gilt auch für das Polizeistraf-
recht. Die juristische Person wird in weitem Maße auf wirtschaft-
lichem Gebiete wirksam als Besitzerin, Gewerbetreibende, Unter-
nehmerin neben Einzelmenschen oder gesellschaftlich verbundenen
Menschen und das unter den gleichen Rechtsbedingungen wie diese.
Insbesondere gelten auch für sie die für Unternehmen dieser Art
ergehenden allgemeinen Polizeivorschriften, und können dem-
entsprechend auch ihr polizeiliche Einzelbefehle und Polizei-
#8 Pr. Kam.G. 6. April 1905 (D.J.Z. X S. 706); R.G. 3. Mai 1906 (Entsch.
Stf.R. XXAXIX S. 2).
34 Bayr. Obst. L.G. 9. März 1901 (Reger XXIII S. 310) erkennt eine
Mittäterschaft in folgender Gestalt: „Nicht bloß derjenige stellt einen Gegen-
stand auf (Stf.G.B. $ 366 Ziff. 9), welcher die hierzu erforderliche Handlung
selbst vornimmt, sondern auch derjenige, welcher den Platz zur Aufstellung
anweist oder das Aufstellen auf diesem Platze veranlaßt“.
#8 Stf.G.B. $ 367 Ziff. 15 (Bauherr, Baumeister oder Bauhandwerker);
aber Gew.Ord. $ 151 (Vorschriften für den Unternehmer vom Betriebsleiter
übertreten, ersterer nur beschränkt haftbar).