$ 24. Polizeiliche Zwangsvollstreckung. 283
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Der Polizeizwang; polizeiliche Zwangsvollstreckung.
Unter Polizeizwang verstehen wir die Anwendung äußer-
licher Machtmittel gegen den Untertanen zur Her-
stellung des seiner polizeilichen Pflicht entsprechen-
den tatsächlichen Zustandes. Solche Machtmittel besitzt
die öffentliche Gewalt von Haus aus unbegrenzt; die Ordnungen
des Verfassungs- und Rechtsstaates geben ihnen Maß und Form.
Unter Umständen werden diese Machtmittel geraden Weges
losgelassen gegen die Polizeiwidrigkeit, sowie sie auftaucht. Das
gibt die Fälle des unmittelbaren Zwanges, wovon in $ 25
die Rede sein wird.
Daneben findet sich, dem Grundgedanken des Rechtsstaates
deutlicher entsprechend, eine polizeiliche Zwangsvoll-
streckung. Hier erscheint der Zwang erst nach einem Versuch,
die Herstellung des polizeimäßigen Zustandes durch den Ver-
pflichteten selbst herbeizuführen: die polizeiliche Zwangsvoll-
streckung ist das geordnete Verfahren zur Durchsetzung
eines nicht befolgten Polizeibefehls. Und zwar ist das
notwendig eine Verfügung, ein Einzelbefehl. Denn die polizei-
liche Zwangsvollstreckung ist der zivilprozeßrechtlichen nach-
gebildet, und der Polizeibefehl vertritt für sie die Stelle des zu
vollstreckenden Urteils!.
Die Mittel der Zwangsvollstreckung sind im wesentlichen
die der Zivilprozeßordnung für Erzwingung von Handlungen und
Unterlassungen: Ungehorsamsstrafen, Vornahme der schuldigen
Handlung auf Kosten des Schuldners und einfache Gewalt-
anwendung?.
Bei solcher wesentlicher Übereinstimmung mit dem Zwangs-
vollstreckungsverfahren des Zivilprozesses darf der große Gegen-
satz nicht übersehen werden, welchen die Versetzung des ganzen
Vorganges auf den Boden der Verwaltung mit sich bringt. Die
Polizeibehörde, die ihre Sache hier durchsetzen will, ist nicht in
der Stellung einer Partei, welche das Gericht und seine Voll-
streckungsbeamten um Hilfe angeht. Sondern, wie sie den Voll-
! In dieser Weise unterscheidet schon Foerstemann, Pol. R. S. 293.
Der Ausdruck „unmittelbarer Zwang“, der den Gegensatz sehr klar bezeichnet,
wird leider vielfach verwendet für „Gewaltanwendung“; vgl. unten Note 28.
?2 Z.Pr.O. $ 885 ff. — Pr. L.V.G. $ 132; Bayr. Pol. Stf.G.B. Art. 20 u. 21;
Sächs. A.-Ges. v. 28. Jan. 1835; Württ. Ges. v. 12. Aug. 1879 Art. 2; Bad. Pol.
Stf.G.B. $$ 30, 31; Hess. Ges. v. 12. Juni 1874 Art. 80.