284 Die Polizeigewalt.
streckungstitel selber schafft in ihrem Befehl, so leitet sie auch
selbst in obrigkeitlicher Weise das Vollstreckungsverfahren. Sie
ist für sich allein, was dort Partei und Gericht zusammen sind.
Wiederum ist es der mit öffentlicher Gewalt seine Geschäfte be-
sorgende, der handelnde Staat, den wir vor uns haben.
Daraus ergibt sich von vornherein eine ganz eigentümliche
Stellung zu der Frage der zulässigen Zwangsmittel. Der Staat,
vertreten durch die Polizeibehörde, kann von vornherein dem
Untertanen gegenüber rechtlich alles, soweit nicht wegen eines
Eingriffes in Freiheit und Eigentum eine gesetzliche Grund-
lage notwendig wird. Ein solcher Grundlage bedürftiger Eingriff
liegt nicht vor, soweit es sich um die einfache geradlinige
Durchsetzung des Befehles handelt. Dieser hat ja seiner-
seits als Eingriff in die Freiheit einer gesetzlichen Grundlage be-
durft; was jetzt weiter geschieht dem Gehorsamspflichtigen gegen-
über im Sinne des Befohlenen, ist dadurch gedeckt. Eine besondere
gesetzliche Grundlage wird erst dann wieder notwendig sein, wenn
dem Pflichtigen zwecks Durchsetzung des Befehls mehr und
anderes auferlegt werden soll, als in diesem schon an Freiheits-
beschränkung enthalten ist. Die Grenzlinie zwischen dem Selbst-
verständlichen und dem eines ausdrücklichen Rechtstitels Bedürftigen
für die Polizeigewalt wohl zu bestimmen, ist eine der Hauptauf-
gaben der Lehre von der polizeilichen Zwangsvollstreckung®.
I. Die Ungehorsamsstrafe ist ein dem Untertanen
aufzulegendes Übel, das der Behörde zur Verfügung
steht zum Zwecke der Erzwingung des Gehorsams
gegen einen von ihr erlassenen Einzelbefehl*.
Es liegt darin ein doppeltes:
Einmal handelt es sich um eine wirkliche Strafe, ein obrig-
keitlich aufzulegendes Übel wegen mißbilligten Verhaltens. Was
mißbilligt wird, ist ein rein Äußerliches: wenn die Obrigkeit sich
kraft ihrer Amtsgewalt mit einem besonderen Befehl an den
einzelnen Untertanen persönlich gewandt hat und nun von ihm
unbefriedigt stehen gelassen wird, so ist sie damit tatsächlich in
eine Lage gebracht, die sich für sie nicht schickt. Darauf muß
nicht gerade mit einem Übel geantwortet werden, das die Obrig-
8 Anschütz, in Verw.Arch. I S.389 ff. — Guneist, in Holtzend. Rechtsl.
II, 2 S. 1106 ff, hat zu wenig acht auf die Umgestaltung aller juristischen
Grundlagen, welche der Rechts- und Verfassungsstaat mit sich gebracht hat.
* Andere Namen: Exekutivstrafe, Zwangsstrafe, Ordnungsstrafe, Beuge-
strafe.