Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.1. Deutsches Verwaltungsrecht. (1)

202 Die Polizeigewalt. 
Ausgeschlossen ist sie unbedingt für den Zwang, der von der 
Behörde geübt werden mag zur Verhinderung der entstehenden 
Polizeiwidrigkeit, die zugleich das Delikt wäre !®. 
Desgleichen kann sie aber auch nicht verwendet werden, um 
die Fortsetzung des strafbaren Verhaltens zu hindern. Solches 
fällt entweder unter eine neue Polizeistrafe oder ist mit der einmal 
verwirkten, für die Strafzufügung wenigstens, abgetan ?°. 
Die Ungehorsamsstrafe kann nur an solche Tatbestände noch 
anknüpfen, welche das Delikt nicht selbst darstellen, 
wenn sie auch mit ihm in Zusammenhang stehen. Es werden 
Handlungen vorgenommen, Einrichtungen getroffen, welche selbst 
nicht strafbar sind, aber das Delikt erleichtern und vorbereiten 
und dadurch ihrerseits schon eine Polizeiwidrigkeit bedeuten ®?. 
zuge von Gesetzen, deren Uebertretung mit Strafe bedroht ist“, überhaupt nicht 
zuläßt (vgl. oben Note 7). Das geht ja viel weiter, hängt mit der Abneigung 
des französischen Rechts gegen die Ungehorsamsstrafe überhaupt zusammen 
und hat mit der aufzehrenden Kraft des Rechtssatzes nichts zu tun. — In der 
Literatur macht sich eine gewisse Bewegung geltend zur Beseitigung dieser 
Grenze der Zwangsstrafe: Neukamp, im Verw.Arch. III S.85, S.91; Isaak, 
in Ztschft f. d. ges. Stf.R.Wiss. XXI S. 642; Hofacker, im Verw.Arch. XIV 
S. 967 f.; Fleiner, Instit. S. 211 Note 25. Die Genugtwung des eifrigen 
Verwaltungsmannes ist allerdings noch größer, wenn er sie sich durch „eigene 
Betätigung“ verschaffen darf Hofacker a. a. O. S. 493); aber die Sache hat 
doch auch eine andere Seite. 
18 0.V.G. 12. April 1878 (Min.Bl. S. 125): Polizeiverordnung verbietet 
Tanzmusik ohne Erlaubnis; nach verweigerter Erlaubnis erfährt die Behörde, 
daß der Gastwirt doch will tanzen lassen, und schickt ihm ein besonderes 
Verbot mit Strafdrohung; das ist als eine unzulässige Verstärkung des Straf- 
rechtssatzes angesehen worden. 
20 Nach Gew.Ord. $ 147 Abs. 1 wird bestraft, wer ohne die erforderliche 
Genehmigung den Gewerbebetrieb „unternimmt oder fortsetzt“. Die Unter- 
lassung des rechtswidrig unternommenen Betriebes könnte nach der Straf- 
setzung auf dieses „Unternehmen“ durch Ungehorsamsstrafen nicht erzwungen 
werden; durch den Zusatz „oder fortsetzt“ ist nur die Wiederholung der Polizei- 
strafe zulässig gemacht, die dann selbst wie eine Ungehorsamsstrafe wirkt. 
Die Anwendung anderer Zwangsmittel als unserer Ungehorsamsstrafe bleibt 
frei: Landmann, Gew.Ord. zu $ 147 Note 2e, 4c; v. Brauchitsch, Verw. 
Ges. I, zu L.V.G. $ 132 n. 263. 
21 0.V.G. 9. April 1879 (Entsch. V S. 289: der strafbare Geschäftsbetrieb 
ist eingestellt; Beseitigung der verblieberen Geschäftseinrichtung, Wirtshaus- 
schild usw. durch Ungehorsamsstrafe erzwingbar); 6. Juni 1885 (Entsch. XII 
S. 387: Konsumverein gibt Marken aus, die Fünfzigpfennigstücken gleichen; 
Polizeistrafe verwirkt; Polizeidirektion befiehlt überdies, die Marken ein- 
zuziehen, bei Ungehorsamsstrafe; das ist eine „neue Pflicht“); 7. Mai 1908 
(Entsch. LII S. 302: Hausbesitzer wegen unterlassener Straßenreinigung be- 
straft; zugleich Ungehorsamsstrafe angedroht, wenn nicht städtisches Straßen-
	        
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