Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.1. Deutsches Verwaltungsrecht. (1)

340 Die Finanzgewalt. 
freie Hand hatte, ob es auch noch den letzten Schritt tun wollte 
und die förmliche Veranlagung zur Bedingung der entstehenden 
Steuerschuld machen. Tut es ihn, so wird eine Veranlagungs- 
steuer, eine direkte Steuer in unserem Sinne, daraus. Andernfalls 
bleibt der Schuldner im Halbdunkel und die Steuer für uns eine 
indirekte. Wir haben unseren formellen Maßstab. 
In besonders wichtigen Fällen ist das aber gar keine Frage 
mehr, sondern das Erhebungsverfahren von vornherein darauf an- 
gelegt, die Person des Schuldners verschwinden zu lassen; in 
diesen trägt die unmittelbar erhobene Steuer ihre Eigenart be- 
sonders ausgeprägt zur Schau. 
1. Die Warenverkehrssteuern haben zum Gegenstand 
die Ware, welche über eine örtlich bestimmte Linie hinwegbewegt 
wird, über die Grenze des Staates, der Gemeinde, über den ab- 
geschlossenen Raum einer Niederlage. Jenseits dieser Linie liegt 
wieder die steuerfreie Bewegung, der freie Verkehr. Steuer- 
pfliehtig wird, wer die Ware diese Bewegung machen läßt, sie 
also in freien Verkehr bringt. Beispiele sind die Zölle, die 
reichsrechtliche Salzsteuer, die städtischen Aufschläge (Oktrois). 
Die maßgebende Grenze wird bewacht von Steuerbeamten, welche 
beauftragt und befugt sind, die Ware an diesem Punkte an- 
zuhalten und nicht loszulassen, bis die Steuer bezahlt ist. 
Diese Gewaltübung ist die wichtigste Gewähr für den Eingang der 
Steuer. Die Verwaltung hält sich an die Ware; die persönliche 
Steuerpflicht, zu deren Sicherung die Zurückhaltung doch nur 
dient, kommt für die Abwicklung des Geschäftes kaum mehr in 
Frage. Erst wenn irgend etwas nicht in Ordnung geht, zeigt sich, 
daß auch diese Warenverkehrssteuer mit Zurückbehaltungsrecht 
einen ganz bestimmten Steuerschuldner hat; jetzt wird festgestellt: 
wer ist es, für den die Steuerpflicht begründet worden ist, und 
an diese Person allein wird man sich dann halten. Das ist 
namentlich der Fall, wenn eine Hinterziehung der Steuer statt- 
gefunden hat, so daß eine Strafe auszusprechen ist, oder wenn zu 
wenig erhoben wurde, als man die Ware freigab, und nunmehr die 
Nachforderung geltend zu machen ist. Da verschwindet der Schein 
einer Last der Ware und einer Auslösung: der Mann, der die 
Ware die entscheidende Bewegung hat machen lassen, der wirkliche 
Schuldner, wird jetzt auf die Bühne gezosen "®. 
12 Der Eindruck des Eigenartigen ist immerhin so groß, daß manche die 
Entstehung einer Zollzahlungspflicht in der Weise einer Steuer hier überhaupt 
in Abrede stellen; es handle sich vielmehr, sagt man, um eine „rechtliche
	        
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