$ 27. Die Steuerauflage. 341
2. Noch weiter geht in dieser Richtung die Stempel-
steuer. Der Begriff ist hier ganz bestimmt durch die Er-
hebungsform, ohne Rücksicht auf den Steuergegenstand. Stempel-
steuer ist jede Steuer, welche durch Verwendung von Stempeln
(Stempelpapier, Stempelmarken) erhoben wird und zwar dadurch,
daß der Steuerpflichtige sie verwendet.
Der Stempel kann bei der Erhebung auch von der Steuer-
verwaltung selbst gebraucht werden; dann bedeutet er eine
Quittung oder eine Kontrollmaßregel. So beim Reichsspielkarten-
stempel, beim Reichsstempel auf Aktien und Schuldverschreibungen.
Die Steuer bekommt dadurch keine besondere Gestalt; die Er-
hebung geschieht durch unmittelbare Zahlung des Pflichtigen an
die Steuerverwaltung oder das sie für diesen Zweck vertretende
sonstige Amt.
Wo dagegen eine Stempelsteuer in jenem beschränkten Sinne
vorliegt, da vollzieht sich die Erhebung in einer Weise, die von
dem gewohnten Bilde stark abweicht. Die wichtigsten Beispiele
bieten reichsgesetzlich die Wechselstempel- und die Börsensteuer !®,
landesrechtlich die Vorschriften über Verwendung von Stempel-
papier bei der Niederschrift von Rechtsakten. Der Gang ist
äußerlich folgender!*. Der Staat verfertigt Stempelpapier und
Stempelmarken und hält sie feil. Er verbietet jedermann, die
gleichen Stempel zu verfertigen, so daß man sie nur von ihm
haben kann. Sodann gebietet er jedem, der gewisse Rechtsakte
vornimmt, einen derartigen Stempel zu verwenden. Die Unter-
tanen sind dadurch genötigt, immer wieder die an sich wertlosen
Stempel bei ihm zu kaufen. Juristisch ist aber dieses letztere
Rechtsgeschäft nur von nebensächlicher Bedeutung; es verschafft
Verstrickung“ der einzuführenden Ware, aus der sie gelöst wird durch Be-
zahlung des Zolles. So Laband, St.R. IV, $ 123, 11; Bulling, in Arch. f.
Stf.R. S. 120. Vgl. darüber Behr, in Arch. f. öffl. R. XIV, S.176ff.; Lamp,
in Festgab.f.Labandl, S.463; R.G. 13. Dez. 1907 (Eger, Eisenb.Entsch. XXVI,
S. 127), 17. März 1909 (Entsch. LXX, S. 405); v. Myrbach, Grundriß des
(östr.) Finanz.R. S. 65 ff.; Vogel, in Fin. Arch. XXIX, S. 531 ff.
18 Wechselstempelsteucrges. v. 10. Juni 1869 $ 13 und ebenso Reichs-
Stempelges. v. 15. Juli 1909 $ 66e lassen dem Pflichtigen die Wahl zwischen
Stempelpapier und Stempelmarke. Zigarettensteuerges. v. 3. Juni 1906 $ 3 läßt
das „Steuerzeichen“, statt an der Ware selbst, an der Verpackung anbringen
und bedarf deshalb besonderer Überwachungsvorschriften. Wesentlich Neues
bedeutet auch das nicht.
14 Nach L. Stein, Fin.Wiss. 4. Aufl. I, S. 351, ist „der Kauf des Stempels
die Steucererhebung und -Zahlung“. Das gibt der finanzwissenschaftlichen
Auffassung eine erfreuliche Einfachheit; juristisch ist es unmöglich.