Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.1. Deutsches Verwaltungsrecht. (1)

346 Die Finanzgewalt. 
dann verjähren. Da die Verjährung damit einsetzt, daß der ge- 
schuldete Steuerbetrag zu einer Zeit, wo er ordnungsgemäß schon 
hätte eingegangen sein sollen, draußen stehen geblieben ist, so 
spricht man hier von Rückstandsverjährung’”. 
Bei der indirekten Steuer gibt es keinen zahlungspflicht- 
schaffenden Verwaltungsakt, keine Veranlagung; die Pflicht ent- 
steht unmittelbar aus dem Gesetz; also ist hier nur eine Ver- 
jährung denkbar, die Rückstandsverjährung®. Es können dabei 
Berechnungsmitteilungen, Zahlungsaufforderungen, Mahnungen er- 
kehen. Die haben keine selbständige Bedeutung wie der Ver- 
anlagungsakt; sie können ja bei der direkten Steuer noch zu 
diesem hinzutreten. Hier wie dort werden sie dann, in mehr oder 
weniger vollkommener Anlehnung an das bürgerliche Recht, die 
Verjährung unterbrechen. 
II. Die Rechte der Untertanen auf der anderen Seite be- 
deuten Schutz- und Rechtsmittel gegen übermäßige Steuer- 
belastung. 
Dabei handelt es sich niemals um eine bürgerliche Rechts- 
streitigkeit. Die ordentlichen Gerichte können nur insoweit zu- 
ständig werden, als ihnen durch Reichsgesetz oder, auf Grund der 
Ermächtigung in E.G. zu G.V.G. $ 4, durch Landesgesetz die 
Gerichtsbarkeit für solche Sachen übertragen worden ist (vgl. oben 
8 17, In. 2). Die Gesetze haben für die direkten Steuern mit 
ihrem ausgeprägten Verwaltungsakt meistens ein besonderes Ein- 
spruchs- und Beschwerdeverfahren vor Verwaltungsbehörden ein- 
gerichtet; auch die Verwaltungsrechtspflege kann zur Verfügung 
gestellt sein. Wo nichts bestimmt ist, muß für alle Steuern der 
einfache Verwaltungsweg, Gegenvorstellung oder Beschwerde zur 
oberen Behörde, eintreten. Bei den indirekten Steuern, für welche 
weniger Fürsorge getroffen ist, wird das die Regel bleiben. 
? Preuß. Eink.Steuer-Ges. 8 81 mit Ges. v. 18. Juni 1840 8 8; Sächs. 
Eink.Steuer-Ges. $ 80 („Steuerrückstände verjähren in drei Jahren vom Ab- 
laufe des Jahres ab, in welchem der Steuerbetrag zur Erhebung gestellt 
worden ist“). 
® Ver.Zull-Ges. $ 15; Zuckersteuerges. v. 27. Mai 1896 $ 4; Brausteuer- 
gesetz v. 8. Juni 1906 $ 12. Die Erbschaftssteuer, die ja zwischen den beiden 
Hauptsteuerarten schwankt (vgl. oben $ 27 Note 6), ist durch Erbsch.Steuerges. 
v. 3. Juni 1906 8 54 bezüglich der Verjährung nach der Weise einer indirekten 
Steuer geordnet worden: diese läuft einheitlich, ohne Rücksicht auf den die 
Steuerzahlungspflicht doch erst begründenden „Erbschaftssteuerbescheid“, von 
dem Schluß des Jahres an, „in welchem der Anspruch auf die Steuer ent- 
standen ist“,
	        
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