360 Die Finanzgewalt.
sich knüpfen wird. Denn durch den Verzicht des Staates auf die
Entstehung und Geltendmachung der Steuer an ihrem ordentlichen
Entstehungspunkt werden auch die ordentlicher Weise dort vor-
gesehenen Sicherungsmittel der Finanzverwaltung wirkungslos. Des-
halb muß die Ware einer besonderen Überwachung unterstellt
werden, damit sie nicht unbemerkt und spurlos in dem sie rings
umgebenden freien Verkehr verschwinde und dem Staate die Kenntnis
von seiner jetzt entstandenen Steuerforderung zugleich mit seiner
Pfandsicherheit verloren gehe. Dazu kommt hier eine persönliche
Verpflichtung des Beteiligten, für welchen dieses Verfahren im
Einzelfall zur Anwendung gekommen ist: er muß eine Haft-
pflicht übernehmen dafür, daß es mit der für diese Ware in
Betracht kommenden Steuerpflicht in Ordnung gehe. Zu diesem
Zwecke verbindet sich mit dem Beginne der schwebenden Steuer-
pflicht eine Feststellung der Art und Menge der Ware, welcher
gegenüber seine Befreiung dargetan werden muß.
Das kann geschehen durch den Nachweis, daß für diese Ware
die wirkliche Steuerpflicht nachträglich entstanden und erfüllt
worden ist, indem sie unter Gestellung zu amtlicher Abfertigung
in freien Verkehr überging!'’. Es kann aber auch geschehen
durch den Nachweis der Ausfuhr der Ware oder auch, in mehr
oder weniger beschränktem Maße, ihres Untergangs. Für die Er-
bringung solcher Nachweise ist eine gewisse Frist verstattet, mit
deren Ablauf die Haftpflicht geltend gemacht wird durch die Er-
hebung des nicht erledigten Zollbetrags, für welchen eingestanden
werden mußte !®,
Diese Idee der schwebenden Steuerpflicht zeigt im geltenden
Rechte eine vielseitige Verwertbarkeit.
15 Gemäß Ver.Zoll-Ges. $9 Abs.2 Ziff. 1 bestimint sich bei einem Wechsel
der Zolltarifsätze der anzuwendende nach diesem Vorgang; das ist also auch
der Entstehungspunkt der Pflicht.
16 Diese Haftung entsteht kraft Gesetzes. Wenn der Beteiligte allein
den Gewahrsam hatte, ist sie strenger, als wenn das Gut in amtlicher Auf-
bewahrung oder in amtlichem Mitverschluß sich befand (Ver.Zoll-Ges. 8 44,
8 108 Abs. 2; 8 103). Zivilrechtlich ist jedenfalls gar nichts an ihr; sie ist
nichts anderes als die durch Feststellungen, Vermutungen und Beweisverschie-
bungen gesicherte Steuerpflicht selbst, für welche mit der Ware einzustehen
war. — Vogel, in Fin.Arch. XXIX, S. 540 Note 3, hat Bedenken gegen die
Bezeichnung „abgeschwächte Steuerpflicht“, soweit es sich um diese, eigentlich
noch gar nicht‘ entstandene, schwebende Steuerpflicht handelt. Da aber ihr
mögliches Entstehen in gewissen Wirkungen doch schon seine Schatten voraus-
wirft, wird man für diesen den anschaulicben Ausdruck wohl durchgehen
lassen können.