8 29. Die abgeschwächte Steuerpflicht. 361
1. Die Erleichterung, daß an die Stelle der eofort ent-
stehenden eine schwebende Steuerpflicht tritt, setzt regelmäßig
voraus, daß der Beteiligte darum nachsucht. Dann hängt die
Gewährung in verschiedenem Maße von dem Entgegenkommen der
Finanzverwaltung ab.
— Das Gesetz kann die Erleichterung an eine Einrichtung
knüpfen, die jedem Steuerpflichtigen zugänglich gehalten werden
muß; man mag dann von einem Rechte auf die Erleichterung
sprechen. Das ist der Fall des Begleitschein I, mit welchem
„die Ware von der Grenze auf ein Amt im Innern oder zur Durch-
fuhr abgelassen wird“ 17.
— Das Gesetz kann statt dessen der Behörde anheim-
stellen, an geeigneten Orten Einrichtungen zu treffen, durch
deren Benutzung die Erleichterung erworben wird. Dahin ge-
hören die Öffentlichen Niederlagen, die an der Grenze
oder im Innern errichtet werden, letzteren Falles durch Begleit-
schein I mit schwebender Zollpflicht erreichbar, die sich dann
einfach darin fortsetzt. Die einmal geschaffenen Niederlagen
werden nach Maßgabe der dafür zu erlassenden Verwaltungs-
vorschriften jedermann ordnungsmäßig zugänglich sein. Einen
Rechtsanspruch auf ihre Zulassung zur Benutzung haben die
Einzelnen dem Staate gegenüber so wenig, wie auf die Bereit-
stellung einer solchen Niederlage überhaupt "®.
— Endlich kann es der Behörde überlassen sein, den Steuer-
pflichtigen den Genuß einer solchen erleichternden Einrichtung
nach ihrem freien Ermessen im Einzelfalle zu gewähren, zu ver-
sagen, zu entziehen. In dieser Weise ist die Gestattung von
Privat-Transitlägern geordnet. Hier ist also die Gewährung
nicht einmal durch zu befolgende allgemeine Verwaltungsvorschriften
gesichert. So lange sie besteht, hat sie die gesetzliche Wirkung
zur Abschwächung der betroffenen Steuern ebenso gut wie die Be-
17 Ver.Zoll-Ges. $ 41; Zollbegleitscheinordnung v. 15. Juli 1888 8 4 ff.
18 Ver.Zoll-Ges. $ 97 ff.; Niederlageordnung v. 5. Juli 1888. Diese Nieder-
lagen haben neben ihrer finanzrechtlichen Seite auch noch die Bedeutung von
öffentlichen Anstalten, welche den Beteiligten ihre Benutzung gewähren nach
dem ihnen eigentümlichen Rechte; vgl. unten $ 5l und $ 52. — Man hat diese
zollfreien !Niederlagen „gewissermaßen Enklaven des Auslandes“ genannt:
v. Mayr, in Verw.R. Wörterb. II, S. 948. Das Bild versagt bei dem rechtlich
gleichartigen plombierten Güterwagen, der auf der Eisenbahn rollt, und stimmt
nicht zu der scharfen Überwachungsgewalt unseres Staates, die in diesem so-
genannten Ausland herrscht.