304 Die Finanzgewalt.
Man hat diese zweite Art von Einwirkungen auf die Unter-
tanen häufig als Finanzpolizei bezeichnet, Der Name ist
deshalb verfehlt, weil die Polizei, wenn man sie richtig abgrenzen
will, nur durch ihre eigentümliche Grundrichtung gekennzeichnet
werden kann, die dann einen Gegensatz zur Finanzgewalt be-
zeichnet. Denn hier handelt es sich durchweg nicht um die gute
Ordnung des Gemeinwesens und seine öffentlichen Nützlichkeiten.
Die Polizei ist sozial, die Finanzgewalt fiskalisch. Das kann sich
nicht mischen.
Aber richtig ist, daß gerade an dieser Seite der Finanz-
gewalt, wo es sich um Bestimmung des persönlichen Verhaltens
der Untertanen handelt, ihre Verwandtschaft mit der Polizei am
deutlichsten zutage tritt. Denn diese Einwirkung auf die Unter-
tanen vollzieht sich geradezu in Formen, welche denen der Polizei-
gewalt entsprechen: Befehl, Strafsetzung, Zwang. Die Regeln,
nach welchen diese Begriffe dort sich entfalteten, gelten in weitem
Umfange auch hier: es sind gemeinsame Begriffe. Nur haben sie
eben hier ihre besondere Ausprägung ebenso wie dort: sie sind
Finanzbefehle, Finanzstrafen, Finanzzwang.
I. Befehl ist die obrigkeitliche Willenserklärung zu bindender
Bestimmung des Verhaltens des Untertanen (oben S. 235); der
Finanzbefehl ist ein solcher, der Gehorsamspflichten auferlegt
zum Besten der Staatseinnahmen, Pflichten zum Handeln, Unter-
lassen, Dulden.
Derartige Befehle kommen in verschiedenen Zusammenhängen
zur Verwendung, und danach unterscheiden sich Arten von Finanz-
befehlen.
1. Sie begleiten vor allem die Steuerauflage und ihre
Durchführung. Ihr Hauptzweck ist dabei, der Verwaltung die
Erkenntnis der Steuerpflicht zu erleichtern. Deshalb erscheinen
sie tatsächlich in desto größerem Umfange, je schwerer die Steuer-
pflicht an sich der Verwaltung wahrnehmbar ist, je leichter sie
sich dieser Wahrnehmung entziehen kann®.
Bei den direkten Steuern beschränken sie sich demgemäß
auf Gebote der Anzeige der eingetretenen Verpflichtbarkeit, der
2 So Foerstemann, Pol.R. S. 272; Bornhak, Gesch. d. Preuß. V.R. II,
S. 332; Merkel, Krim.Abhandl. I, S. 94, S.99; Temme, Lehre vom Betruge
S. 73; Meisel, in Finanz-Arch. V, 1. S. 5 („Überwachung des Verhaltens der
Verpflichteten mittels der Finanzpolizei“); O.Tr. 6. April 1875 (J.M.Bl. S. 222:
„polizeiliche Kontrollvorschriften“).
8 Über diesen Zusammenhang Meisel in Finanz-Arch. V, 1 S. 14 ff.