$ 30. Der Finanzbefehl. 369
klärung nicht zu finden glaubte. Man braucht aber nur die Kräfte,
die in der Verwaltungsvorschrift stecken, sich recht entfalten zu
lassen, um aller Schwierigkeiten Herr zu werden.
2. Es handelt sich bei den hier fraglichen Befehlen stets um
ein größeres Ganze, um eine planmäßige Einrichtung. Zum
Besten der Finanzen soll dadurch das Unternehmen des be-
teiligten Untertanen, aus welchem der Steuerpflicht Beeinträchtigung
erwachsen könnte, mit einem Netz von sichernden Bestimmungen
umgeben werden. Diese Bestimmungen äußern ihre rechtliche
Wirksamkeit nach verschiedenen Seiten hin.
In erster Linie sind sie gegeben für die Beamten, die mit der
Steuererhebung betraut sind. Es wird ihnen gesagt, wie sie bei
Ausfertigung von Begleitscheinen verfahren, welche Revisionen sie
vornehmen, unter welchen Voraussetzungen sie zur zollfreien
Niederlage zulassen sollen usw. Das sind Dienstvorschriften.
Sie haben nicht notwendig, Rechtssätze zu sein, um bindend zu
wirken: sie wirken mit der Kraft des bereits bestehenden Gewalt-
verhältnisses, das sie nur entfalten. Von diesem Gewaltverhältnis
wird in der Lehre von der öffentlichen Dienstpflicht (8 45, I) noch
die Rede sein !°.,
In beschränktem Maße handelt es sich bei diesen „Ver-
waltungsvorschriften und Einrichtungen“ auch darum, daß den
10 Das Besondere ist, daß hier der Bundesrat Dienstvorschriften gibt für
die Zoll- und Steuerbeamten, welche im Dienste der Bundesstaaten stehen;
das Reich bemächtigte sich also der diesen Staaten zustehenden Dienstgewalt.
Laband, St.R. I, S. 207: „Die vom Bundesrat auf Grund des Art. 7 Abs. 2
erlassenen Vorschriften... . sind lediglich Instruktionen oder Anweisungen
für die Regierungen und deren Behörden. Sie sind daher nur für die Amts-
führung der letzteren verbindlich“. — Nach Seydel, Komment. S. 142, wirkten
diese Vorschriften nur so, daß sie den Regierungen Anlaß gäben, ihrerseits
die entsprechenden Dienstbefehle an ihre Beamten zu richten. Ebenso
Haenel, St.R. 1, S. 289, der deshalb hier nur ein „mittelbares Verordnungs-
recht“ des Bundesrats annimmt. Diese Auffassung wird der machtvollen Zu-
sammenfassung, die hier gewollt ist, nicht gerecht. Gerade die Zoll- und
Steuerordnungen, um die es sich handelt, müssen mit einem Schlage im ganzen
Reich gelten. Wozu denn auch sonst die Verkündigung im Zentralblatt?
Ein solches Wirken mit der den Bundesstaaten geschuldeten Dienstpflicht ist
dem Reiche auch sonst nicht fremd; vgl. Reichs-Verf. Art. 50 Abs. 2, Art. 64
Abs. 1. Die Bundesstaaten können die Vorschriften des Bundesrates ihren
Leuten noch einmal kundgeben und einschärfen und mit der ihnen grund-
sätzlich verbliebenen Dienstgewalt darüber wachen, daß sie eingehalten werden;
das ist ihre Pflicht als Bundesglieder. Aber soweit nicht Abweichendes be-
sonders bestimmt ist, wirkt das Reich unmittelbar, wo es wirkt, nicht bloß
mit seiner Gesetzgebung; wir sind nicht mehr beim alten Bundestag.
Binding, Handbuch. VI. 1: Otto Mayer, Verwaltungsr. I. 2. Aufl. 24