$ 30. Der Finanzbefehl. 373
Um rechtsgültig zu sein, müssen diese Ordnungen sich
innerhalb der Grenzen der begründeten Überwachungsgewalt be-
wegen; was der Zweck erfordert, gibt dafür den Maßstab. Sie
ziehen ihre Kraft nicht aus der Unterwerfung der Beteiligten
unter sie, sondern aus dem Gewaltverhältuis, das ja seinerseits
möglicherweise durch Unterwerfung begründet worden ist; ist es
aber einmal begründet, so unterliegt der darin Begriffene auch
den Änderungen, welche die zur Zeit seines Eintritts bestehenden
Verwaltungsvorschrifteu nachträglich erfahren.
Die Art der Kundgabe ist selbstverständlich nicht an die
formale Strenge gebunden, welche für die Kundgabe von Rechts-
sätzen gelten mag; vgl. oben Note 9. Die Bekanntmachung durch
das für den dienstlichen Gebrauch der Beamten bestimmte Amts-
blatt empfiehlt sich von selbst, da die Vorschriften vor allem auch
an diese sich wenden. Tatsächlich wird noch durch Anschläge,
besondere Aushändigungen oder Zugänglichmachen zur Anschaffung
nachgeholfen. Eine Erkundigungspflicht nach dem, was obliegt,
bringt jedes Gewaltverhältnis mit sich, das der Überwachungs-
gewalt so gut, wie das der Dienstgewalt. Das genügt, um die
Bekanntschaft überall schlechthin vorauszusetzen.
III. Die Polzeierlaubnis hat hier ihr Seitenstück in der Auf-
hebung des allgemein erlassenen Finanzbefehls für den Einzelfall.
Zum Unterschied vom Polizeirechte finden sich hier ebenso häufig
auch Gewährungen von Ausnahmen von allgemeinen Geboten,
wohin das Wort Erlaubnis nicht paßt. Man spricht dann von
Gestattungen. Außerdem hat hier diese Entbindung vom Be-
fehl das Besondere, daß sie zweierlei Arten von allgemeinen
Regeln gegenüberstehen kann: dem Rechtssatz und der Ver-
waltungsvorschrift.
l. Die Durchbrechung eines rechtssatzmäßigen Finanz-
befehls für den Einzelfall folgt ganz den Regeln, die für die
Polizeierlaubnis zur Geltung kommen. Es bedarf eines Vor-
rücksichtigung der örtlichen Verhältnisse“ von den Landesbehörden zu er-
lassen; der Bundesrat hat gleichwohl maßgebende „Grundbestimmungen für
die Hafenordnungen“ aufgestellt (Zentr.Bl. 1889 S. 241), Der Bundesrat kann
auch, indem er seine Ordnungen erläßt, bestimmen, wie weit diese durch die
Landesbehörden zu ergänzen sind ; vgl. Ausf.Best. zu Zuckersteuerges. v. 27. Mai
1896 (Zentr.Bl. 1896 S. 231 ff.) $ 10, 8 12, $ 14, $ 19. Ohne diesen Vorbehalt
wird eine solche Ergänzung, durch Einzelbefehl wie durch Verwaltungsvor-
schrift, nachdem der Bundesrat sich einmal des Gegenstandes bemächtigt hat,
ausgeschlossen sein.