$ 31. Die Finanzstrafe. 381
III. Wird im Einzelfalle der Tatbestand der rechtssatzmäßig
angedrohten Finanzstrafe erfüllt, so ist sie über den Schuldigen
zu verhängen durch einen obrigkeitlichen Ausspruch. Insofern
es sich hierbei lediglich darum handelt, auszusprechen, was gemäß
dem Strafrechtssatz Rechtens ist, eine „Entscheidung“ zu geben,
sind diese Sachen geeignet und geneigt, in die Form der Rechts-
pflege gebracht zu werden, bei ordentlichen Gerichten oder Ver-
waltungsgerichten. Wie weit das geschieht, ist Frage der Ordnung
des Rechtsschutzes; die Erledigung im reinen Verwaltungswege
ist nicht ausgeschlossen. In großem Umfange steht aber den
Finanzbehörden wenigstens eine vorläufige Straffestsetzung
zu, bei der es mangels einer Anfechtung in gegebener Frist sein
Bewenden hat !*.
Bei Verhängung der Finanzstrafe ergeben sich gegenüber
dein, was für die Anwendung des gemeinen Strafrechts gilt, ge-
wisse Besonderheiten.’
l. Die Finanzstrafe setzt, wie die Polizeistrafe, ein Ver-
schulden voraus; wie bei jener wird auch bei ihr dieses Ver-
schulden nach einem besonders strengen Maßstabe beurteilt
(vgl. oben $ 23, IIIn. 2). Die einzelne Strafbestimmung kann den
Nachweis der bösen Absicht oder sonst eines Grades von Fehler-
haftigkeit des Willens verlangen. Wo nichts weiter gesagt ist
als: dies und jenes soll geschehen oder nicht geschehen bei Strafe,
bedeutet das die Zumutung an den, den es angeht, alle seine
Kräfte anzuspannen und alle Maßregeln zu treffen, damit der Er-
folg sei, wie ihn die Obrigkeit von ihm gefordert hat. Wird das
nicht erreicht, so klagt ihn der Außerliche Tatbestand allein schon
des Verschuldens an, und dabei bleibt es hier, so lange nicht der
Beweis geliefert werden kann, daß es nicht menschenmöglich war,
die Dinge anders zu wenden. Das ist noch mehr, als das Polizei-
strafrecht verlangt, bei dem immerhin noch ein billiges Abwägen
stattfindet. Das Finanzstrafrecht hat nicht den tragenden natür-
R.G. 25. April 1900 (Reger XXI, S. 427): Der Kontrollbeamte will die Er-
gänzung der ungenügend beklebten Versicherungskarte vornehmen; der Pflich-
tige löst im Nebenzimmer die nötigen Marken von der Karte eines anderen
und bringt sie dem Beamten, der sofort erkennt, daß sie schon verwendet ge-
wesen waren; daher trifft I.V.G. $ 187 nicht zu, aber das Gericht will auch
Sıf.G.B. $ 263 nicht anwenden, weil das „Spezialgesetz“ ihn ausschließt. So
ging der Mann frei aus.
1 Löbe, Zollstrf.R. S. 205 fl.; Pr.Gres. betr. d. Verw.Stf.Verf. v. 26. Juli
1897 8 34 ff.