Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.1. Deutsches Verwaltungsrecht. (1)

$ 32. Der Finanzzwang. 389 
gefährlichen Gewerbeanlagen und in Verbot oder Anordnung be- 
sonderer Vorrichtungen an solchen Anlagen. Da wird eben der 
entsprechende Zwang sich vollziehen in den Formen der Zwangs- 
ersatzvornahme oder der einfachen Gewaltanwendung, die beide 
einer eigenen Gesetzesgrundlage nicht bedürfen!. Die Zwangs- 
strafe, die nicht so selbstverständlich ist, wird nur dann zulässig 
sein, wenn die allgemeinen gesetzlichen Ermächtigungen dazu auch 
für die Finanzbehörde gelten oder für sie eine besondere Er- 
mächtigung vorgesehen ist. 
Dagegen greift der unmittelbare Zwang wieder in 
größerem Maße Platz, vor allem zur Verhinderung strafbarer 
Handlungen (vgl. oben $ 25, II). 
Zum Schutze der indirekten Steuern und namentlich der Zölle 
gegen Hinterziehungen ist ein zahlreiches Hilfsbeamtentum be- 
stellt, zum Teil mit einer Dienstwaffe ausgerüstet und unter ein 
besonderes Recht des Woaffengebrauchs gestellt gleich den aus- 
führenden Beamten der Polizei. Hierbei finden auch wieder die 
Regeln Anwendung, welche oben $ 26, I für die polizeilichen V oll- 
streckungsbeamten entwickelt worden sind. 
Aber die ganze Art, wie die Gewaltanwendung dem Finanz- 
delikt entgegentritt, hat ein anderes Gepräge als das entsprechende 
Tun der Polizei. 
1. Die Polizei läßt die strafbare Handlung nicht zur Er- 
scheinung kommen oder verhindert wenigstens, soweit sie kann, 
ihre Vollendung. Das Finanzdelikt dagegen hat auch seine gute 
Seite: es gibt Gelegenheit, einmal ein Exempel zu statuieren 
gegenüber der stets im Gange befindlichen Hinterziehung, und es 
verschafft dem Staat durch die Art der Strafe eine Deckung für 
die vielen Gefälle, die ihm auf diese Weise doch immer wieder 
entgehen, und für die Kosten, die er aufwenden muß gegen solches 
Treiben. Die Aufgabe ist daher keineswegs, die strafbare Hand- 
lung unbedingt zu verhindern, sondern durchzusetzen, daß sie 
! Wenn die Finanzbehörde gemäß Branntweinsteuerges. v. 15. Juli 1909 
$ 89 den Betrieb einer Brennerei untersagt hat, steht es ihr zu, diesen Betrieb 
mit Anwendung von Gewalt zu verhindern, — geradeso wie die Polizeibehörde 
die Schließung eines Gewerbebetriebes aus polizeilichen Rücksichten anordnet 
und erzwingt (vgl. oben $ 24 Note 33). — Zu weit ging die Gewaltanwendung 
in dem Falle Sächs. O.V.G. 20. Dez. 1%2 (Jahrb. IV, S. 73): Um die Lustbar- 
keitssteuer zu sichern, hatte man ein Orchestrion plombiert; zu einer solchen 
„polizeilichen Vorbeugungsmaßregel“, sagt das Gericht, „fehlte die gesetzliche 
Grundlage“ — wie mir scheint, deshalb, weil es eine polizeiliche Maßregel 
nicht war.
	        
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