$ 32. Der Finanzzwang. 393
Im letzteren Falle wird das Verfahren von selbst geneigt
sein, sich mehr als sonst den Formen der zivilprozessualen
Zwangsvollstreckung anzupassen. Umgekehrt kann die Gesetz-
gebung auch im ersteren Falle Abweichendes bestimmen gegenüber
dem, was der Zivilprozeßordnung entspräche?.
2. Den ordentlichen Ausgangspunkt der administrativen Zwangs-
beitreibung bilden demnach die Entstehungsgründe öffentlich-
rechtlicher Geldansprüche gegen den Untertanen: der Ver-
waltungsakt samt dem ihm gleichstehenden Verwaltungsurteil
und der unmittelbar wirkende Verwaltungsrechtssatz.
Die Beitreibung der Forderung ist nichts anderes als die
Vollziehung dieser bindenden Bestimmungen. Zu diesem Zwecke
ruft hier der Gläubiger nicht, wie im Zivilprozeß, die ihm zur
Verfügung gestellte öffentliche Gewalt an. Er ist selbst die
öffentliche Gewalt, die sich nach den Regeln der Voll-
ziehung in Bewegung setzt auf dieses Ziel.
Seine rechtliche Ordnung erhält das Vorgehen wieder in der
Weise des Verwaltungsrechts: von innen heraus durch Verteilung
der Zuständigkeiten und Amtsbefugnisse.
In führender Stellung erscheinen die dem beteiligten
Finanzzweig vorstehenden Ämter, die als solche berufen
sind, namens des Gläubigers die Zwangsbeitreibung in Gang zu
bringen, ihr die Wege zu weisen und die zur Durchführung er-
forderlichen Beschlüsse zu fassen. Man bezeichnet sie als Voll-
streckungsbehörden'”.
durch die Erwägung, daß dem Schuldner bei diesem Verfahren die Rück-
forderungsklage vor den ordentlichen Gerichten offen bleibt, der Rechtsweg
also nicht gänzlich ausgeschlossen ist, vielmehr die Justiz das letzte Wort
behält.
9 Tatsächlich tut sie es auch. F. Stein, Justiz und Verwaltung S. 66,
hat von seinem oben $ 17 Note 8 erwähnten Standpunkte aus Zweifel, ob
das zulässig sei, nachdem von der Landesgesetzgebung hier doch einmal „die
Sache den Gerichten als bürgerliche Rechtsstreitigkeit übertragen wird“. Die
Lösung findet er darin, daß in der Vollstreckungsinstanz es sich anders ver-
halte als bei der Streitentscheidung: zum Unterschied von dieser bleibe die
Vollstreckung „Verwaltungsgerichtsbarkeit“, auch wenn sie nicht „von Organen
der Verwaltung geübt wird“. Da es, wie oben $ 17 Note 8 ausgeführt worden
ist, eine solche Übertragung „als bürgerliche Rechtsstreitigkeit“ nicht gibt,
werden wir diese nicht gerade einleuchtende Entschuldigung entbehren können.
10 Pr. Verord. v. 15. Nov. 1899 $ 4: „Diejenigen Behörden oder Be-
amten, welchen die Einziehung der der Beitreibung im Verwaltungszwangs-
verfahren unterliegenden Geldbeträge zusteht, bilden die zur Anordnung und
Leitung des Zwangsverfahrens zuständigen Vollstreckungsbehörden“. Noch