Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.1. Deutsches Verwaltungsrecht. (1)

64 Geschichtliche Entwicklungsstufen. 
ein Staat, in welchem durch die Trennung der Gewalten die 
Herrschaft des Gesetzes gesichert ist auch für das Gebiet der Ver- 
waltung, und zugleich für diese obrigkeitliche Aussprüche, Ver- 
waltungsakte, vorgesehen sind, um im Einzelfalle zu bestimmen, 
was Rechtens sein und vollzögen werden soll. Diese Einrichtungen 
beruhen auf einer Entlehnung dessen, was in der vorausgehenden 
Entwicklungsstufe für die Justiz sich bereits bewährt hatte. Wir 
können also kurz sagen: der Rechtsstaat bedeutet die 
Justizförmigkeit der Verwaltung. 
Es genügt nicht, daß diese Einrichtungen bestehen; es muß 
auch davon Gebrauch gemacht werden, um der Staatstätigkeit die 
erstrebte rechtliche Bestimmtheit zu geben. Bei der Justiz ist das 
keine Frage: Gesetz, Richterspruch, Vollstreckung — das geht 
hier lückenlos voran. Die Verwaltung aber ist die lebendige Arbeit 
des Staates für seine Zwecke. Die Gebundenheiten der Justiz 
lassen sich damit nur in einem gewissen Maße vereinigen; es kann 
sich nur um ein Möglichst handeln. Der Rechtsstaat verlangt, 
daß dieses angestrebt, daß möglichst viel Rechtssatz und Ver- 
waltungsakt hineingestellt werde in die Verwaltungstätigkeit. Das 
kann mehr oder weniger erfolgt sein. Wir stehen hier auf dem 
Gebiete des Sollens. Jene zwei Einrichtungen müssen bestehen, 
sonst ist es kein Rechtsstaat; je nach dem Maße, in welchem 
von ihnen Gebrauch gemacht wird, ist es ein Rechtsstaat ver- 
schiedener (süte. 
Das große Möglichst, welches über unserem Rechtsstaat steht, 
hat aber noch einen anderen, für uns besonders wichtigen Sinn. 
Die Übertragung jener Justizeinrichtungen auf die Verwaltung 
kann nicht nur so einfach und plump geschehen, daß sie mit Haut 
und Haar verschlungen würden, — das würde jenem durch die 
Zweckmäßigkeit gebotenen „Möglichst“ sehr enge Grenzen ziehen. 
Um alles Wertvolle verwendbar zu machen, müssen die einheit- 
lichen Begriffe der Justiz sich zerlegen lassen nach ihren einzelnen 
Nützlichkeiten, müssen diese Stücke oft wieder neue Verbindungen 
eingehen; reicher und ınannigfaltiger wird sich alles entfalten. 
Das klarzustellen ist unsere nächste Aufgabe.
	        
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