94 Das öffentliche Sachenrecht.
nieht ohne besondere Genehmigung seinem einmal gegebenen Zwecke
wieder entziehen, werden verpflichtet, den Gemeingebrauch zu ge-
währen und ihm sein richtiges Maß zu setzen. Das alles fließt
aber nicht aus dem öffentlichen Eigentum und bildet keinen Be-
standteil seines Wesens, sondern fließt aus jenem staatlichen Auf-
sichtsrecht über die untergeordnete juristische Person des öffent-
lichen Rechts: es äußert sich ähnlich auch gegenüber Zweigen ihrer
Verwaltung, bei denen keine Öffentlichen Sachen in Frage sind,
und äußert sich überhaupt nicht an Öffentlichen Sachen, die keiner
so untergeordneten juristischen Person zugehören ®,
— Den dritten Fall bildet dann wie bei der Enteignung der
Fall des beliehenen Unternehmers, des Konzessionärs. Einer
juristischen Person des öffentlichen Rechts, in deren allgemeiner Zu-
ständigkeit es nicht liegt, öffentliche Sachen dieser Art zu haben,
ebenso aber auch einer juristischen Person des bürgerlichen Rechts,
einer Gesellschaft oder einem einzelnen Privatmann kann durch das
Rechtsgeschäft der Verleihung die Fähigkeit begründet werden, ein
bestimmtes öffentliches Unternehmen auszuführen und zu verwalten
(vgl. unten $ 49). Sofern dieses Unternehmen seiner Natur nach
durch eine öffentliche Sache zu verwirklichen ist, wird der Unter-
nehmer zugleich befähigt, Herr einer solchen Sache zu sein. Aktien-
gesellschaften für Eisenbahnen, Kunststraßen, Schiffahrtskanäle
geben die Beispiele ®°.
3 Wo man das nicht klar auseinander hält, da mag man leicht das Bild
eines Öffentlichrechtlich beschränkten Eigentums gewinnen, das dann auch noch
unzulässigerweise verallgemeinert wird, und auf einmal steckt man in jener Lehre,
die das Wesen der öffentlichen Sache als eine öffentlichrechtliche Eigentums-
beschränkung erklärt. — Eine Uberspannung des staatlichen Aufsichtsrechts ist es,
wenn das Sächsische Ministerium in dem Falle Sächs. O.V.G. 9. Febr. 1910 (Jahrb.
XV S. 175) geradezu die „Herrschaft über den öffentlichen Weg“ auch der Ge-
meinde für die Staatsbehörden in Anspruch nimmt (a. a. O. S. 178).
30 Über dieses Verhältnis Meili, Das Recht der modernen Verkehrs- und
Transportanstalten S. 40. In Frankreich pflegt der Konzessionär verpflichtet zu
sein, den Schienenweg sofort dem das Unternehmen verleihenden Staate zu Eigen-
tum zu übertragen; dieser ist dann schon während der ganzen Konzessionsdauer
domaine public de l’Etat: Block, Dictionnaire v® chemins de fer n. 132 ff. —
Für unsere ältere Auffassung, die noch von der Fiskuslehre beherrscht war, fügte
sich dieser Fall sehr leicht in das Schema ein: der beliehene Unternehmer ver-
tritt an der Sache den Fiskus, der Staat behält sich die Polizei darüber vor und
behält den „Polizeibesitz“. Das Eigentum des Unternehmers bleibt privatrechtlich.
So sind ja in Preußen ursprünglich die Chausseen vielfach durch Privatunter-
nehmer, insbesondere durch Aktienvereine, hergestellt worden „gegen Bewilligung
von Prämien aus Staatsfonds beziehungsweise der Erhebung von Chausseegeld und
gegen Verleihung fiskalischer Vorrechte* (Germershausen, Pr. Wegerecht I