Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.2. Deutsches Verwaltungsrecht. (2)

108 Das öffentliche Sachenrecht. 
Gemeingebrauch besteht an den Kirchhöfen sowenig wie an 
den Kirchengebäuden. Wie das Kirchengebäude unmittelbar eine 
Art Gottesdienst der Öffentlichen Religionsgesellschaft verkörpert, 
so der Kirchhof die öffentliche Fürsorge für die ungestörte Auf- 
bewahrung der Toten. Dabei soll nicht verkannt werden, daß wie 
dort so auch hier Erinnerungen an das alte kirchliche Recht noch 
fortwirken, dazu auch nach wie vor Gefühle frommer Ehrfurcht 
diese Stätten umgeben, die es erleichtern, dieses Stück öffentlicher 
Verwaltung wieder als besonders empfindlich anzusehen und als 
eines besonderen Schutzes der Erhaltung bei seinem Zweck be- 
dürftig. Die Zugehörigkeit des Kirchhofs zu den öffentlichen Sachen, 
wie das geltende Recht sie anerkennt, ist das Ergebnis °®. 
8 36. 
Fortsetzung; die Rechtsordnung des Öffentlichen Eigentums. 
In Gemäßheit des aufgestellten Begriffs des öffentlichen Eigen- 
tums entfaltet sich nun die besondere Rechtsordnung, die es um- 
gibt, in ihren Einzelheiten. Anfang und Ende seiner Wirksamkeit, 
und worin diese selbst sich äußert, ist alles danach zu bestimmen. 
Diese Rechtsordnung findet dann entsprechende Anwendung auf 
die Fälle, wo die öffentliche Sache auf Grund bloßen Besitzes be- 
steht oder einer Dienstbarkeit. Die Abweichungen, die sich dabei 
ergeben, sind gelegentlich besonders hervorzuheben. 
I. Die Entstehung des öffentlichen Eigentums, d. h. der 
Beginn des rechtlichen Zustandes, den wir so nennen, tritt ein mit 
dem Augenblick, in welchem seine begriffsgemäßen Voraussetzungen 
erfüllt sind: Eigentum und öffentliche Verwaltung durch die damit 
beherrschte Sache in der ausgeprägten Weise, auf die es hier an- 
kommt, müssen zusammentreffen. 
1. Der gewöhnlichste Fall, in welchem auch der ganze Vor- 
gang in der übersichtlichsten Weise sich abspielt, ist der, daß der 
Staat oder der sonstige berufene Träger öffentlicher Verwaltung 
die öffentliche Sache neu herstellt. 
”* Meurer, Heil. Sachen II S. 18ff.; Hawelka, Österr. Friedhofsrecht 
S. 45. — R.G. 15. April 1909 (Entsch. LXXI S. 20) will die Bestimmung von E.G. 
z. B.G.B. Art. 133 über „öffentliche Begräbnisstätten“ sogar auf den Friedhof eines 
„eingetragenen Vereins“ anwenden. Hier ginge allerdings der Zusammenhang mit 
der öffentlichen Verwaltung verloren. Auch die res religiosa des römischen Rechts 
besitzt einen solchen nicht; sollte das hier nachwirken? Sachlich ließe sich übrigens 
die Entscheidung des R.G. sehr wohl auch ohne diesen etwas bedenklichen Exkurs 
aufrechterhalten.
	        
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