108 Das öffentliche Sachenrecht.
Gemeingebrauch besteht an den Kirchhöfen sowenig wie an
den Kirchengebäuden. Wie das Kirchengebäude unmittelbar eine
Art Gottesdienst der Öffentlichen Religionsgesellschaft verkörpert,
so der Kirchhof die öffentliche Fürsorge für die ungestörte Auf-
bewahrung der Toten. Dabei soll nicht verkannt werden, daß wie
dort so auch hier Erinnerungen an das alte kirchliche Recht noch
fortwirken, dazu auch nach wie vor Gefühle frommer Ehrfurcht
diese Stätten umgeben, die es erleichtern, dieses Stück öffentlicher
Verwaltung wieder als besonders empfindlich anzusehen und als
eines besonderen Schutzes der Erhaltung bei seinem Zweck be-
dürftig. Die Zugehörigkeit des Kirchhofs zu den öffentlichen Sachen,
wie das geltende Recht sie anerkennt, ist das Ergebnis °®.
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Fortsetzung; die Rechtsordnung des Öffentlichen Eigentums.
In Gemäßheit des aufgestellten Begriffs des öffentlichen Eigen-
tums entfaltet sich nun die besondere Rechtsordnung, die es um-
gibt, in ihren Einzelheiten. Anfang und Ende seiner Wirksamkeit,
und worin diese selbst sich äußert, ist alles danach zu bestimmen.
Diese Rechtsordnung findet dann entsprechende Anwendung auf
die Fälle, wo die öffentliche Sache auf Grund bloßen Besitzes be-
steht oder einer Dienstbarkeit. Die Abweichungen, die sich dabei
ergeben, sind gelegentlich besonders hervorzuheben.
I. Die Entstehung des öffentlichen Eigentums, d. h. der
Beginn des rechtlichen Zustandes, den wir so nennen, tritt ein mit
dem Augenblick, in welchem seine begriffsgemäßen Voraussetzungen
erfüllt sind: Eigentum und öffentliche Verwaltung durch die damit
beherrschte Sache in der ausgeprägten Weise, auf die es hier an-
kommt, müssen zusammentreffen.
1. Der gewöhnlichste Fall, in welchem auch der ganze Vor-
gang in der übersichtlichsten Weise sich abspielt, ist der, daß der
Staat oder der sonstige berufene Träger öffentlicher Verwaltung
die öffentliche Sache neu herstellt.
”* Meurer, Heil. Sachen II S. 18ff.; Hawelka, Österr. Friedhofsrecht
S. 45. — R.G. 15. April 1909 (Entsch. LXXI S. 20) will die Bestimmung von E.G.
z. B.G.B. Art. 133 über „öffentliche Begräbnisstätten“ sogar auf den Friedhof eines
„eingetragenen Vereins“ anwenden. Hier ginge allerdings der Zusammenhang mit
der öffentlichen Verwaltung verloren. Auch die res religiosa des römischen Rechts
besitzt einen solchen nicht; sollte das hier nachwirken? Sachlich ließe sich übrigens
die Entscheidung des R.G. sehr wohl auch ohne diesen etwas bedenklichen Exkurs
aufrechterhalten.