120 Das öffentliche Sachenrecht.
besitz. Dann bleibt dem bürgerlichen Recht wieder Spielraum:
ihm gehört die vom öffentlichen Recht nicht ergriffene Zugehörig-
keit der Sache, also das mit der Dienstbarkeit, mit dem öffentlich-
rechtlichen Besitz belastete Eigentum des Untertanen. Der kann
es veräußern, verpfänden, selbstverständlich immer unbe-
schadet der Zuständigkeiten der Öffentlichen Verwaltung an eben
dieser Sache?°. Er kann es insbesondere auch an den Herrn der
öffentlichen Sache veräußern, unter der es liegt; dann erwirbt
der letztere öffentliches Eigentum. Auch Enteignung ist für ihn
möglich: die Eisenbahnverwaltung, die Straßenverwaltung hatte
etwa nur eine Wegegerechtigkeit zur Grundlage ihres Baues ge-
nommen oder gar nur tatsächlichen Besitz; jetzt enteignet sie den
schon genußlos gemachten Eigentümer: desser Eigentum geht
unter, um sofort als öffentliches Eigentum bei der Verwaltung
aufzuwachen.
Der Eigentümer könnte dem Rechte nach alle Arten von zivil-
rechtlichen Grunddienstbarkeiten daran bestellen, nur
würden solche dem Erwerber tatsächlich keinen Genuß noch Vor-
teil bringen, solange jene anspruchsvollen Zuständigkeiten nicht
aufgegeben sind. Es hängt eben alles davon ab, wieweit diese
irgendwelche Nutzung neben sich noch aufkommen lassen.
Die Verschiedenheit der Rechtslage wäre also ganz klar und
deutlich: Steht die öffentliche Sache einheitlich im öffentlichen
Eigentum, so ist privatrechtliche Rechtsbegründung daran
au sgeschlossen; steht sie dagegen nach der oben beschriebenen
Weise in geteiltem Recht, so ist nach Maßgabe des fort-
bestehenden Privatrechts auch die Neubegründung eines
solchen zulässig, aber die Ausübung des neuen wie die des
alten nach Maßgabe der Zweckbestimmung der Sache tatsächlich
gehemmt.
Die herrschende Lehre, die ja unbewußt noch mit den An-
schauungen der alten Fiskuslehre arbeitet, wirft jetzt die beiden
Fälle ganz unbefangen durcheinander und bildet so eine allgemein
gültige Formel für die Verkehrsentzogenheit der öffentlichen Sache
überhaupt. Danach können an ihr grundsätzlich Rechte
nach bürgerlichem Recht begründet werden, aber nur
soweit, als sie vereinbar sind mit der Zweckbestim-
2° 0.L.G. Dresden 8. April 1902 (Fischer Ztschft. XXV S. 252): Grundstück,
auf den Namen eines Privaten eingetragen, bildet öffentlichen Weg; Hypothek-
eintragung zulässig, aber infolge der Beschränkung, der das Grundstü ffent-
licher Weg unterliegt, für Gläubiger wertlos. . as Grundstück als Öften