8 Das öffentliche Sachenrecht.
Der Unternehmer nimmt die Stelle eines Klägers ein, der für die
von ihm vertretenen Interessen den Rechtsschutz der Obrig-
keit in Anspruch nimmt. Er kann wie im Zivilprozeß der Staat
selbst sein, als Fiskus, aber auch eine Gemeinde, eine Aktiengesell-
schaft, ein Einzelner (vgl. hier unten IIn. 1).
Im Ernste sind solche Auffassungen ohne Wert. Die festen
Begriffe, mit denen wir zu rechnen haben, sind dabei immer nur
uneigentlich gemeint.
Es handelt sich bei der Enteignung, so wie sie von den Ge-
setzen gestaltet worden ist, nicht um Verwaltungsrechtspflege,
überhaupt nicht um Rechtspflege in dem von uns festgehaltenen
formalen Sinne (vgl. oben $ 13, II). Hier wird kein Prozeß ge-
führt, die Beteiligten, der Unternehmer und der zu Enteignende,
haben nicht die Stellung von Parteien, und der abschließende Aus-
spruch ist kein Urteil. Das entscheidet '?.
Der Ausspruch, der über die Anträge des betreibenden Uhnter-
nehmers ergeht, hat auch nicht die Natur eines Rechtsprechungs-
aktes, einer Entscheidung, die zwischen den Beteiligten nur fest-
stellte und anordnete, was schon Rechtens ist (vgl. oben 8 9, II
n. 2). Der Unternehmer, der die Enteignung erwirken will, sieht
sich dabei von vornherein dem freien Ermessen der Behörden
gegenüber, die ihn zu diesem Verfahren zulassen und ihm zuweisen,
was sein Unternehmen unter Gesichtspunkten der öffentlichen
Nützlichkeit bedarf!*.
18 Das Gesetz hätte das Enteignungsverfahren wie so manches andere in die
Formen der Rechtspflege verweisen können; es hat es nicht getan. Das Gesetz
kann gegen das Enteignungsverfahren und den Enteignungsausspruch einen Rechts-
weg behufs der Nachprüfung eröffnen, insbesondere einen Verwaltungsrechtsweg.
So Bayr. Ges. v. 8. Aug. 1878 Art. 8 Ziff. 10; Württ. Ges. v. 20. Dez. 1888 Art. 25.
Das ändert die ursprüngliche Natur der Enteignung selbst nicht. — In Els.-Lothr.
hat man die Einrichtung des franz. Enteignungsges. beibehalten, wonach der
Enteignungsausspruch durch das Landgericht erfolgt als „jugement d’expropriation“.
Das geschieht aber auf Antrag des Staatsanwalts ohne Gehör der Beteiligten
(de Lalleau, Trait& de l’expropriation I n. 206) durch einen einfachen Ver-
waltungsakt, eine Verfügung, wie sie anderwärts die gewöhnlichen Verwaltungs-
behörden machen, und bedeutet deshalb keine Gerichtsbarkeit im Sinne v. E.G.
z. G.V.G. $ 4, die den ordentlichen Gerichten übertragen werden oder bleiben
dürfte. Vgl. Theorie d. franz. Verw.R. S. 241 Note 14.
14 Die Frage wird wichtig, wenn es sich darum handelt, gegen den ergehen-
den Beschluß einen Verwaltungsrechtsweg zu eröffnen. Wo dieser grundsätzlich
auf den Rechtspunkt, auf Anfechtung von Entscheidungen beschränkt ist und Er-
messenssachen ausschließt, kann er hier nur zugänglich gemacht werden durch
eine vom Gesetz besonders zu bewilligende Ausnahme. Bayr. V.G.H.Ges. v. 8. Aug.