Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.2. Deutsches Verwaltungsrecht. (2)

140 Das öffentliche Sachenrecht. 
Es ist klar, daß damit die ursprüngliche Idee des genossen- 
schaftlichen Rechts völlig verloren und aufgegeben ist. 
2. Neben der genossenschaftlichen Auffassung hat sich schon 
frühzeitig auch für die Behandlung der öffentlichen Sachen die 
„berrschaftliche“ geltend gemacht. Im Polizeistaat vollendet 
sie sich. Die öffentliche Sache gehört der Obrigkeit, dem Staat, 
der darüber verfügt. Er kann auch zugunsten der Untertanen, 
subditi perpetui und temporarii, darüber verfügen. Der Gemein- 
gebrauch ist eine Wohltat, die er ihnen erweist: er gestattet 
ihnen solche Benutzung. Er tut das in ähnlicher Weise, wie er 
dem Publikum Lustgärten, Kunstsammlungen, schließlich auch 
Schulen, Krankenhäuser, Sparkassen zugänglich macht, mit oder 
obne Entgelt von seiten der Benutzenden. Die Straße, der Fluß, 
der Meeresstrand sind große Anstalten, die in solcher Weise ver- 
waltet werden. Die Bedingungen und Maßgaben der Benutzung 
setzt der gewährende Staat”. Die Form des Rechts wird in der 
bekannten Weise hergestellt, daß der Fiskus als Eigentümer ge- 
dacht ist; der eigentliche Staat steht über ihm wie über den Be- 
nutzenden und sorgt, daß auch den letzteren ihr Teil werde, 
immer selbstverständlich, soweit er ihnen das verstatten zu können 
glaubt ®. 
kommen also hier sofort und ursprünglich. Sie scheinen mir aber auch nichts 
anderes zu sein als „jedermann“. Denn daß der Russe, wenn er an der Weser 
Gemeingebrauch ausüben will, sich erst „gebietsangehörig“ machen muß, scheint 
mir selbstverständlich, und ebenso kann der Deutsche den Gemeingebrauch dort 
nicht ausüben, solange seine Gebietsangehörigkeit sich nicht einigermaßen mit 
der jenes Stromes deckt. Solche tatsächliche Möglichkeiten sind’ aber doch bei 
der Fragestellung immer vorausgesetzt; es hat keinen Zweck, noch etwas Be- 
sonderes daraus zu machen. 
” Die Ausdrucksweise unserer großen Gesetzbücher des Polizeistaates ruht 
auf dieser Anschauung. A.L.R. I, 15 $ 7: „Der freie Gebrauch der Land- und 
Heerstraßen ist einem jeden zum Reisen und Fortbewegen seiner Sachen ge- 
stattet.“ Dieses „ist gestattet“, soweit es mehr sagt als „steht frei“, bedeutet 
keine Rechtsvorschrift, sondern die Bekundung einer Rechtsanschauung An- 
sch ütz, Entschäd.Anspr. S. 110 Note, erklärt, sich über diesen Satz des A.LR. 
nicht so leicht hinwegsetzen zu können wie ich. Es ist eben überhaupt nicht 
immer leicht, von den Anschauungen des Polizeistaates loszukommen. — Österr. 
B.G.B. $ 237: „Jene (Sachen), die ihnen (allen Mitgliedern des Staates) nur zum 
Gebrauch verstattet werden, heißen öffentliches Gut.“ — Vgl. auch BI. f. adın. Pr. 
1870 S. 337: „Die Benutzung der Straße ist die Ausübung einer von der Staats- 
gewalt eingeräumten Befugnis“ Burkhardi in Ztschft. f. Reichs- u. LandesR. 
IS. 107. Von Alteren vor allem Mau renbrecher, D.Pr.R. 8 156. 
* Wie das gedacht ist, zeigt R.G. 28. Febr. 1880 (Entsch. I S. 366); vgl. 
oben $ 35 Note 16 a. E.— Die Gewährung des Gemeingebrauchs wird auf diesem
	        
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