Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.2. Deutsches Verwaltungsrecht. (2)

$ 37. Der Gemeingebrauch. 151 
Auch die Verunreinigung der Straße, des öffentlichen Gewässers 
kann die Brauchbarkeit beeinträchtigen; hier mischen sich aber 
in die Verteidigung der Öffentlichen Sache weitergreifende polizei- 
liche Rücksichten hinein, Rücksichten der Öffentlichen Gesundheit 
namentlich und der öffentlichen Sicherheit. 
2. Die verschiedenen Benutzungsarten, die im Gemeingebrauch 
enthalten sind, haben nicht alle gleichen Wert. Vom Standpunkte 
der öffentlichen Verwaltung aus sind wichtigere und minder wichtige 
zu unterscheiden; es besteht eine Rangfolge. Sofern nun diese 
Benutzungsarten sich untereinander stören und stoßen, ist es Auf- 
gabe der Polizei des Gemeingebrauchs, zu bewirken, daß die minder 
wertvolle ausweicht. Dies kann dahin führen, daß ganze Seiten 
des Gemeingebrauchs unterdrückt werden müssen. 
Wir sehen diesen Grundsatz vor allem wirksam werden bei 
unseren Ortsstraßen. Der Hauptzweck ist hier offenbar der Verkehr, 
die Fortbewegung, die ihrerseits immer lebhafter und immer 
empfindlicher wird gegen Hemmnisse. Gar manche von den alten 
hergebrachten Benutzungsarten erweisen sich mehr und mehr un- 
verträglich damit, und sobald dies ein gewisses Maß übersteigt, 
wird die Polizei berechtigt, solche zu beschränken oder gänzlich 
zu verbieten. Darauf beruht der Entwicklungsgang, in welchem 
der Gemeingebrauch unserer Straßen ersichtlich begriffen ist. 
Der Verkehr selbst hat wieder verschiedene Arten, die unter 
sich nicht gleichwertig sind. Auch das Fahrrad hat sein Recht 
des Gemeingebrauchs, aber als die minderwichtige Verkehrsart muß 
e8 sich gefallen lassen, dem Fuß- und Wagenverkehr zuliebe von 
engeren Straßen und Brücken verbannt zu sein. Der Fußverkehr 
ist innerhalb der Ortschaften die Hauptsache ; der langsam fahrende 
schwere Lastwagen kann ihm zuliebe von der Benutzung besonders 
belebter oder enger Straßen ausgeschlossen werden **. 
3. Auf besonders belebten Straßen und Plätzen wird der 
Gemeingebrauch vor Selbstzerstörung dadurch bewahrt, daß dem 
Strom der Fuhrwerke und Fußgänger eine gewisse Leitung 
gegeben wird. Dazu dient schon allgemein und ohne besondere 
  
‚  %* Ubbelohde, Glücks Pand. Bd. 43 u. 44 S. 149, spricht hier wieder von 
einer „bevorzugten Art des Gemeingebrauchs“. Der Ausdruck ist hier passender 
als in den oben Note 14 erwähnten Fällen. Ein ähnliches Ausweichen der einen 
Gemeingebrauchsart vor der anderen bei 0.V.G. 9. Mai 1887 (Entsch. VIII S. 292): 
Das Hausgrundstück darf nicht einen zweiten Ausgang nach der Rückseite ein- 
richten, damit der auf der schmalen Dammstraße stattfindende Fischmarktverkehr 
ungestört bleibe.
	        
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