10 Das öflentliche Sachenrecht.
bringen, wenn auch diese Behörden dabei das letzte Wort haben.
Sie verwalten beide, aber mit verteilten Rollen, wie wir das oben
bezeichneten. Sie teilen sich dabei in die zu würdigenden Gesichts-
punkte. Erwägungen der Zweckmäßigkeit und des freien
Ermessens werden hier wie dort geübt:
— Der Unternehmer ist maßgebend für das eigentlich Geschäfts-
mäßige: ob die Sache überhaupt ins Werk gesetzt werden soll, ob
die Vorteile groß genug sind, um den Aufwand zu rechtfertigen,
und die zur Verfügung stehenden Mittel ausreichen.
— Die Enteignungsbehörde prüft, ob die Enteignung hier über-
haupt zulässig ist, ob die Vorteile groß genug sind, um den. Ein-
griff in das Privateigentum zu rechtfertigen, und wieweit das Be-
dürfnis des Unternehmens in dieser Hinsicht geht !*®.
So stellt sich das ganze Enteignungsverfahren dar als die
Form, in welcher durch Zusammenwirken von Unternehmer und
Enteignungsbehörde das Öffentliche Unternehmen seine Kraft be-
währt, das Privateigentum für sich in Anspruch zu nehmen. Diese
Kraft kommt ihm zu als einem Stück öffentlicher Verwaltung ge-
mäß dem Grundverhältnis zwischen der darin erscheinenden öffent-
lichen Gewalt und dem Untertan. Die näheren Formen, in welchen
der Eingriff erscheinen darf, bestimmen dann Verfassung und
Gesetz.
3. Der behördliche Ausspruch darüber, ob und wieweit durch
dieses Unternehmen der Eingriff in das Privateigentum gerecht-
fertigt ist und sich vollziehen soll, bildet demnach das Ziel der An-
16 Das eben geschilderte Zusammenwirken macht es erklärlich, daß hier eine
Meinungsverschiedenheit entstehen konnte, für welche der Prozeß kein Seitenstück
bietet. Man spricht hier natürlich nicht vom Kläger und Beklagten, sondern dem
Enteigneten, Expropriaten, dem betroffenen Eigentümer, der etwa als Be-
klagter angesehen werden könnte, steht gegenüber der Enteigner, Expropriant.
Wer ist aber das? Da sagen nun die einen mit derselben Entschiedenheit, der
Staat sei es, der durch seine Behörde die Enteignung aussprechen läßt, wie. die
anderen, der Unternehmer sei es, der diesen Ausspruch zu seinen Gunsten erwirbt:
Grünhut, Ent.R. S.78 ff.; Laband in Arch. f. ziv. Pr. 52 S. 170; Jellinek,
Öff. Rechte S. 253; G. Meyer, R. d. Expropr. S. 261; Gierke, D. Priv.R, II
S. 476; G. Meyer-Dochow, Verw.R.1S.233; Eger, Ent.Ges. 1S.18; Seydel,
Bayr. SLR, US.253f.; Fleiner, Instit. S. 291. Da der Staat durch seine Ent-
eignungsbehörde immer das letzte, entscheidende Wort spricht, wird es wohl rich-
tiger sein, in ihm allein den Enteigner zu sehen, der überall gleichmäßig auftritt;
doch läßt sich unter den gegebenen Umständen auch die andere Meinung am Einde
vertreten. Wir weichen dem wertlosen Streit um den Namen aus, indem wir dem,
Enteigneten die Enteignungsbehörde einerseits, den Unternehmer oder betreiben-
den Teil andererseits gegenüberstellen.