Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.2. Deutsches Verwaltungsrecht. (2)

176 Das öffentliche Sachenrecht. 
2. Die Anlieger nehmen auch hier eine besondere Stellung 
ein wie im Gemeingebrauch. 
Schon nach Gemeingebrauch nimmt das Gebäude den Luftraum 
der Straße in Anspruch mit allerlei äußerlichen Zutaten und 
beweglichen Vorrichtungen, die es da hineinstreckt. Dabei 
macht sich jedoch sofort ein Unterschied geltend, insofern dieser 
Gemeingebrauch notwendig beschränkter ist, wenn er zusammen- 
stößt mit dem Hauptzweck der Straße, dem öffentlichen Verkehre 
zu dienen. Das reicht bis zu einer gewissen Höhe über dem Straßen- 
pflaster, welche die Polizeiverordnungen näher bezeichnen. Inner- 
halb dieser Grenze verbieten sie jede solche Vorrichtung oder machen 
sie abhängig von besonderer Genehmigung, die von der Bebörde zu 
erteilen ist. Diese hat dann die rechtliche Natur einer Polizei- 
erlaubnis, die zugleich Benutzungserlaubnis ist. Sie ergeht immer 
nur unter Vorbehalt der Bedürfnisse des öffentlichen Verkehrs, ist 
also insofern frei widerruflich. 
Oberhalb dieser Linie behält der Gemeingebrauch sein Recht. 
Auch er hat ja seine Grenze, und zwar von selbst, ohne ausdrück- 
liches Verbot, an dem Üblichen, Hergebrachten. Darüber Hinaus- 
gehendes kann auch hier gestattet werden. Das ist dann reine 
Gebrauchserlaubnis, als besondere Vergünstigung von der Obrig- 
keit erteilt und als solche frei widerruflich, möglicherweise auch 
wieder ersetzt durch tatsächliche Duldung, was, wie gesagt, keinen 
großen Unterschied macht !8, 
meint, sie könne nur einschreiten, sofern der Verkehr irgendwie beteiligt sei. 
Nur der Eigentümer des Wegekörpers (die Stadt) könne gegen jeden privatrecht- 
lich unzulässigen Eingriff sich wehren; gegen ihn wirkt dafür die Ersitzung, die 
gegen die Polizei versagt. Allein die Polizei hat doch die ganze Straße zu ver- 
teidigen bis oben aus, wenn auch der Gemeingebrauch oben freieres Spiel haben 
mag (vgl. unten n. 2); sie ist nicht bloß Verkehrspolizei, sondern Polizei der öffent- 
lichen Sache; Ersitzung kommt also überhaupt nicht in Betracht. — R.G. 29. April 
1908 (Preuß, Verw.Bl. XXVI S. 796): Es hat einer auf der Straße sich eine Schlempe- 
pumpe eingerichtet und die Polizei hatte seit 20 Jahren nichts dagegen getan. 
Daraus entnimmt das Gericht, daß diese Einrichtung bisher „dem üffentlichen 
Zwecke des Grundstücks nicht widerstritt“, folglich Ersitzung zulässig war und 
eingetreten ist. Das bedeutet allerdings nicht, daß die Polizei die Pumpe nicht 
Jetzt doch beseitigen kann, wenn sie solche für „unerträglich“ geworden ansieht. 
Aber nur „gegen vollständige Entschädigung“. Auf die allein kommt es dem Gerichte 
an; die Ersitzung ist wieder nur eine Hilfskonstruktion. Aber die nahe Verwandt- 
schaft der Gebrauchserlaubnis mit der bloßen Duldung ist sehr bezeichnend. 
L Sächs. 0.V.G. 8. Juni 1904 (Jahrb. V S. 326): Zulässige Benutzung des 
uftraumes über der Straße durch die Hausbesitzer zu Schildern, Schaukästen und 
ähnlichen Gegenständen, die hineinragen; aber sie haben kein Recht darauf.
	        
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