Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.2. Deutsches Verwaltungsrecht. (2)

198 Das öffentliche Sachenrecht. 
Die besondere Klausel des Verleihungsaktes, wonach die Behörde 
sich den Widerruf vorbebält, kann möglicherweise doch nur einen 
Hinweis bedeuten aufdieses selbstverständliche, wegen des natürlichen 
Wesens der öffentlichen Sache unverzichtbare Widerrufsrecht. Ist 
es als ein echter Vorbehalt freien Widerrufs gemeint, so entbindet 
sie die Behörde nicht bloß von der Voraussetzung eines dringenden 
öffentlichen Bedürfnisses, dem damit zu dienen wäre, sondern auch 
von der wichtigen Folge der Entschädigungspflicht. Ein solcher 
Vorbehalt nimmt dann aber dem verliehenen Rechte so sehr allen 
Wert, daß es fraglich sein könnte, ob es noch den Namen Recht 
verdient. Jedenfalls würde ein guter Hausvater sich nicht leicht 
auf eine so verklausulierte Verleihung einlassen, um seine Häuser 
darauf zu bauen *, 
Es gibt aber noch eine andere Art, wie durch eine Verwaltungs- 
maßregel eingegriffen werden kann in den Rechtsbestand der Ver- 
leihung. Das ist die Einziehung der öffentlichen Sache, an 
welcher das besondere Nutzungsrecht begründet ist. Selbst- 
verständlich schließt dieses Recht die Befugnis der Verwaltung 
zu der lediglich nach Gesichtspunkten des Gemeinwohles zu treffen- 
den Maßregel nicht aus. Mit ihr verliert es dann aber seinen 
Gegenstand. Denn an einer Sache des bürgerlichrechtlichen Ver- 
kehrs ist das öffentlichrechtliche Nutzungsrecht nicht möglich. 
Eine zivilrechtliche Grunddienstbarkeit oder persönliche Dienstbar- 
keit entsprechenden Inhalts wäre möglich. Das ist aber dann ein 
anderes Recht, welches bei der Verleihung nicht gewollt war. 
Man wird nicht annehmen können, daß infolge der Einziehung der 
öffentlichen Sache nunmehr von selbst eine Umwandlung sich voll- 
ziehe, durch die das Recht gerettet würde“, Es könnte höchstens 
auch ohne alles das, durch irgendeine Konstruktion, dem Geschädigten zu einer 
Vergütung, wie wir das unten $ 53 noch genauer erörtern werden. So wird auch 
hier dem Manne, dem „durch Verwaltungsakte, welche die Kirchenbehörden in 
Ausübung der ihnen zustehenden kirchenpolizeilichen Befugnisse vornehmen‘, 
sein Kirchstuhl entzogen wurde, „für die Beseitigung der gedachten Privatrechte.... 
Entschädigung geleistet werden müssen“ — und zugesprochen: R.G. 29. Juli 1886 
(Entsch. XVI S. 161). 
*° Bei den Behörden besteht andererseits die erklärliche Neigung, sich durch 
eine solche Klausel die Hände freizuhalten. Es wird Übung, möglicherweise 
durch Dienstvorschrift gesichert, zuweilen sogar durch Gesetzesbestimmung. So 
Bayr. Wasserges. Art. 43 Abs. 1: „in der Regel auf eine bestimmte Zeit oder in 
widerruflicher Weise“. Eymann, Kom. I S. 492 u. 436. 
*ı Wenn die neueren Wassergesetze die Verleihung besonderer Nutzungen 
am Öffentlichen Fluß und am Privatfluß wie ein einheitliches Rechtsinstitut zu 
behandeln suchen (vgl. oben Note 13), so könnte man sich fragen, ob hier nicht
	        
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