Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.2. Deutsches Verwaltungsrecht. (2)

$ 40. Auferlegte öffentlichrechtliche Dienstbarkeiten. 207 
Auf diese Weise tritt unsere auferlegte Öffentlichrechtliche 
Dienstbarkeit wieder in nahe Verwandtschaft mit der hier unten 
$ 41 zu behandelnden Öffentlichrechtlichen Eigentums- 
beschränkung. Auch bei ihr handelt es sich regelmäßig darum, 
daß durch das öffentliche Unternehmen, durch die bestimmte 
Einzelerscheinung öffentlicher Verwaltung von außen her eingewirkt 
und eingegriffen wird in den Rechtsbestand des Privatgrundstücks. 
Aber der Unterschied ist der, daß die auferlegte Dienstbarkeit 
dem ergriffenen Grundstück in Form Rechtens eine besondere 
rechtliche Bestimmtheit verleiht, vermöge deren nun die 
genauer bezeichnete Schmälerung der freien Verfügung des Eigen- 
tümers eintritt. Die Öffentlichrechtliche Eigentumsbeschränkung 
dagegen gelangt zur Wirkung, ohne den Einzelfallin solcher 
Weiserechtlich vorzubereiten, von selbst, an jedem Grund- 
stück, das es gerade trifft, das der öffentlichen Verwaltung auf die 
vorausgesetzte Weise inden Weg kommt. — 
Wiederum ist es also das öffentliche Unternehmen, 
die öffentliche Anstalt, was den Mittelpunkt liefert auch für 
unser Rechtsinstitut der auferlegten Dienstbarkeit. Wiederum ist 
aber hier die oben $ 33 Eing. angekündigte Erscheinung zu 
beobachten, daß die hier ausgebildeten Rechtsformen übertragen 
werden auf andere Fälle, wo also nicht von einem öffentlichen, 
sondern von einem Privatunternehmen, privatwirtschaftlichen 
Unternehmen die Rede ist. Dazu bedarf es einer besonderen 
gesetzlichen Bestimmung; das Gesetz kann ja alles. Es greift in 
solcher Weise natürlich nur ein, wenn dem dadurch zu fördernden 
Privatunternehmen seiner Art nach eine gewisse Bedeutung zukommt 
für das allgemeine Wohl, wenn es als „unechte öffentliche Anstalt“ 
angesehen werden kann. Beispiele sind die Benutzungsrechte des 
Bergwerksbesitzers an benachbarten Grundstücken, das Ver- 
  
nennen (B.G.B. $ 1018) oder eine „beschränkte persönliche Dienstbarkeit“ (B.G.B. 
$ 1090)? Die Dienstbarkeit der öffentlichen Sache könnten wir zweifellos nur der 
letzteren Art zurechnen: es fehlt das „herrschende Grundstück“. Auch bei unserer 
auferlegten Dienstbarkeit stimmt das nicht so ohne weiteres (0.V.G. 1. Mai 1902; 
Entsch. XLI S. 260). Immerhin können wir feststellen, daß das belastende Unter- 
nehmen immer an ein von dem belasteten Grundstück verschiedenes Grundstück 
gebunden erscheint, von dem aus es so wirkt: Straße, Strom, Festungswerk. In- 
sofern würden wir also doch eher an eine Grunddienstbarkeit zu denken haben. 
Wenn wir das hervorheben, so geschieht es nur, weil dabei die Art unseres 
Rechtsinstituts anschaulicher wird. Irgendwelche Folgerungen ziehen wir 
nicht daraus.
	        
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