Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.2. Deutsches Verwaltungsrecht. (2)

$ 41. Öffentlichrechtliche Eigentumsbeschränkung. 227 
wir am besten ein nach der Verschiedenheit der tatsäch- 
lichen Einwirkung, die von dem öffentlichen Unternehmen 
aus auf das Privatgrundstück geübt wird. 
1. Dem bürgerlichen Nachbarrecht (B.G.B. $ 906) stehen am 
nächsten die Fälle, wo die Tätigkeiten und Einrichtungen der 
öffentlichen Verwaltung von ihrem Grundbesitz aus hinübergreifen 
in das Nachbargrundstück; wir können sie als öffentlichrecht- 
liches Nachbarrecht bezeichnen. Was man sich nach bürger- 
lichem Rechte gefallen lassen muß, gilt selbstverständlich auch hier. 
Bemerkenswert ist nur, was darüber hinausgeht. 
Der Eisenbahndamm lenkt das Wasser dem Nachbargrund- 
stück zu, der Straßenkörper verhindert den natürlichen Ablauf, 
der hochgeführte Schiffahrtskanal macht durch sein Sickerwasser 
die Wiese versumpfen, die Tieferlegung der Straße, die Aus- 
schachtungen der städtischen Abzugskanäle gefährden die Häuser 
längs der Straße — überall keine Klage auf Beseitigung oder 
Unterlassung; Schadensersatzanspruch ist denkbar, aber das kann 
unter diesen Umständen nur unsere Billigkeitsentschädigung sein, 
wenn sie auch von den Gerichten meist nicht erkannt wird”. 
ı° O,Tr. 20. Juni 1871 (Str. LXXXII S. 37): Das Regenwasser fließt vom 
Eisenbahndamm auf Privatgrundstücke; die Klage auf Herstellung geeigneter 
Vorkehrungen, um das zu verhüten, wird abgewiesen; „nur die Regierung kann 
bestimmen, was geschehen soll“. — O.Tr. 25. Sept. 1877 (Str. LXXXXVIII S. 21): 
Die neuerbaute Kreischaussee bedroht die Angrenzer mit Überschwemmung 
und Versumpfung; nur Entschädigung kann verlangt werden. — C.C.H. 7. Juni 1873 
(J.M.Bl. 1873 S. 239): Die Eisenbahnverwaltung schüttet nachträglich einen Damm 
auf zum Schaden der Nachbarn; Besitzstörungsklage für unzulässig erklärt, denn 
„durch die von dem Herrn Minister amtlich abgegebene Erklärung steht fest, daß 
die von der Verklagten bewirkte Anlage polizeilich geboten ist“. — Die 
Genehmigung von Eisenbahnen geschieht nach Pr. Eisenb.Ges. v. 3. Nov. 1838 
$ 14 und Kleinbahnges. v. 28. Juli 1892 nach landespolizeilicher Prüfung der 
ganzen Anlage; daher ist Klage wegen geänderten Wasserablaufes gegen 
eine „polizeiliche Verfügung“ gerichtet und unzulässig: R.G. 22. April 1903 
(Eger, Eisenb.Entsch. XX S. 15t); 22. Febr. 1908 (Eger, Eisenb.Entsch. XXV 
8.51). R.G. 13. Mai 1893 (Entsch. XXXI S. 287) erläutert aber diese Fälle über- 
einstimmend mit den in R.G. 20. Sept. 1882 (Entsch. VII 8. 267) zur Geltung ge- 
kommenen Grundsätzen, wo gesagt ist: „In der Erteilung der Konzession zum 
Betriebe der Bahn liegt die allgemeine Anordnung der Staatagewalt, daß 
sich die benachbarten Grundbesitzer diejenigen nachteiligen Einwirkungen auf 
ihre Grundstücke gefallen lassen müssen, ohne welche der Betrieb nicht ausführ- 
bar ist.“ Das ist also die „polizeiliche Verfügung“! Man sieht, was es damit für 
eine Bewandtnis hat. Die „allgemeine Anordnung“ ist natürlich keine Verordnung, 
enthält keinen Rechtssatz. Es ist bei der „Konzession“ in der Tat an einen Ver- 
waltungsakt gedacht, an eine Verfügung. Aber die ergeht doch nicht über die 
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