Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.2. Deutsches Verwaltungsrecht. (2)

240 Das öffentliche Sachenrecht. 
weil sie das getan hat, wäre keine bürgerliche Rechtsstreitigkeit. 
Und zwar macht es keinen Unterschied, ob die Klage sich richtet 
auf gänzliches Unterlassen der störenden Lebensäußerung oder 
nur auf Herstellung von Einrichtungen, welche die benachteiligende 
Einwirkung ausschließen. Das eine wie das andere bedeutet eine 
Verkennung des Wesens der öffentlichen Verwaltung, die von 
Natur dem öffentlichen Rechte angehört und nicht von selbst auf- 
hört dort zu stehen dadurch, daß von ihr in das Eigentum ein- 
gegriffen wird ®®. 
32 Auf solcher Verkennung beruht ja auch die Formel, welche alle öffent- 
lichen Unternehmungen nur dadurch der Anwendbarkeit des Zivilrechts zu ent- 
ziehen weiß, daß sie eine dahinter stehende „polizeiliche Verfügung“ auf- 
zeigt; die hält dann die schützende Hand darüber. Dabei kommt es dann wieder 
darauf an, wieweit man sie wirken lassen will: Führt man das ganze öffentliche 
Unternehmen auf eine polizeiliche Verfügung zurück, die es angeordnet habe, dann 
ist zivilrechtlich und zivilgerichtlich gar nichts dagegen durchzusetzen als Ent- 
schädigung (vgl. oben Note 10 u. 12). Man kann aber auch der „polizeilichen 
Verfügung“ genauer nachgehen und durch sie nur gedeckt sein lassen, was sie 
im einzelnen vorgeschrieben und bestimmt hat; dann gewinnt man die Möglichkeit, 
in die Lücken einzudringen und das Unternehmen durch den Zivilrichter, wenn 
auch nicht zum Stillstand, so doch zu Abänderungen und Schutzvorkehrungen zu 
zwingen. So R.G. 6. Dez. 1905 (Entsch. LXII S. 131), wo eine öffentliche Straßen- 
bahn zu Schutzvorkehrungen gegen ihren belästigenden Rauch und Ruß vom Ge- 
richt verurteilt wird: Nur wesentliche Änderungen, heißt es, bedürften der Ge- 
nehmigung der Landespolizeibehörde; „was aber der Unternehmer aus eigener 
Entschließung und Machtvollkommenheit ohne Rückfrage bei der Landespolizei- 
behörde vornehmen darf, dazu kann er auch im Rechtswege angehalten werden“. 
Die befohlenen Einrichtungen könnte aber doch immer die Landespolizeibehörde 
selbst anordnen; vielleicht hat sie es nicht getan, weil nach ihrer Meinung der 
dem öffentlichen Wohle dienende Eisenbahnbetrieb dann nicht gut durchzuführen 
wäre. Soll da das Gericht hineinregieren dürfen? 
Noch eigentümlicher ist die Verwertung von Gew.Ord. $ 26, die zu dem 
gleichen Zwecke gemacht wird. Dieser unterscheidet für die nach Gew.Ord. $ 26 
genehmigten gewerblichen Anlagen: Die rechtliche Zulässigkeit des Unter- 
nehmens kann nicht mehr bestritten werden, nicht vom polizeilichen Standpunkt 
aus und auch nicht vom privatrgchtlichen aus nach Nachbarrecht; beides wird 
bei der Genehmigung geprüft, und der reichsrechtliche Grundsatz der Gewerbe- 
freiheit bezieht sich gerade auf die Erledigung der Zulassungsfrage (Seydel 
in Annalen 1881 S. 596 u. 634), nicht auf die Bedingungen der Ausübung. Für 
die Ausübung des Gewerbebetriebs aber können nachträglich noch Bedingungen 
gesetzt und Vorschriften gemacht werden, sowohl polizeilicher Art als privatrecht- 
licher. In dieser Richtung hat die Gewerbeordnung nach dem von ihr einmal 
angenommenen System auch dem Privatrecht den freien Lauf lassen wollen, der 
ihm ja eigentlich von Anfang an gebührte. Mit öffentlichen Unternehmungen steht 
es von Anfang an umgekehrt. Wenn E.G. z. B.G.B. Art, 125, neben anderen 
liegenschaftsrechtlichen Bestimmungen, die Landesgesetze auch ermächtigt läßt,
	        
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