$ 43. Anstellung im Staatsdienst. 279
Kommt auf diesem Wege der Dienstpflichtige zu seinem Rechte,
jederzeit von dem Dienstverhältnisse befreit werden zu können,
so gilt für die andere Seite nicht das gleiche: dem rechtlich
stärkeren Teil, dem Staate als Dienstherrn, steht ohne das Gesuch
des Staatsdieners, also aus eigenem Antrieb, die Endigung des
Dienstverhältnisses durch einfache Entlassung überhaupt nicht zu.
Das ist wenigstens für das heute geltende Recht das Ergebnis, zu
welchem eine sehr bewegte Entwicklung unseres Rechtsinstituts
geführt hat.
Ursprünglich, als die Anstellung noch schlechthin als bürger-
liches Vertragsverhältnis aufgefaßt war, hat man dem Fürsten als
Dienstherrn auf verschiedenem Wege das freie Entlassungsrecht
zu sichern gewußt durch geeignete Konstruktion des Vertrags:
als mandatum, als precarium oder sonst ein Rechtsgeschäft mit
clausula ad bene placitum®®.
Die öffentlichrechtliche Auffassung, die sich allmählich regt,
mußte zunächst die freie Verfügung des Dienstherrn über den
Staatsdiener und seine Stellung zur selbstverständlichen Folge
haben. Allein demgegenüber wurde nun eine Einschränkung zur
Geltung gebracht zugunsten der vermögensrechtlichen Ansprüche
des Dieners. Sofern die Anstellung nicht in widerruflicher Weise
oder auf Kündigung geschah, also auf Lebenszeit, können sie nicht
so ohne weiteres entzogen werden. Ein entsprechender Teil der
Besoldung bildet dann einen „unwiderruflichen Nahrungsstand“ ®°,
Oder auch die ganze Besoldung wird als wohlerworbenes Recht
unter den Schutz der Gerichte gestellt. die einer willkürlichen
Entlassung, die gegen den Willen des Dieners und ohne aus-
reichendes Verschulden von seiner Seite geschieht, die Wirkung
darauf versagen“. Mit der weiteren Ausbildung des deutschen
gesetze und aus der Art, wie das Entlassungsverfahren tatsächlich gehandhabt
wird. Rechtswirksam wird er als stillschweigender Inhalt des Anstellungsaktes.
geradeso wie das Recht auf Entlassung überhaupt; vgl. oben Note 35.
3 Rehm in Annalen 1884 S. 583 ff.
2 So vor allem Goenner, Staatsdienst S. 142 ff. u. 276 ff. Diese Schrift
ist ja überhaupt besonders lehrreich für die unbeholfenen Anfänge des öffentlich-
rechtlich aufgefaßten Staatsdienstverbältnisses; vgl. oben Note 8.
0 So noch in neuerer Zeit R.G. 11. Okt. 1833 (Entsch. X S. 183): „In Mecklen-
burg hatte ein Magistrat den ‚ohne Kündigungsvorbehalt auf Lebenszeit‘ an-
gestellten Gemeindebeamten wegen Dienstwidrigkeiten im Disziplinarstrafverfahren
entlassen. Das Gericht spricht diesem gleichwohl den Fortbezug des vollen Ge-
haltes zu. „Die Disziplinargewalt des Konstituenten reicht nicht so weit, daß
dieser dem Beamten auch die aus der Anstellung erworbenen Vermögensrechte