Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.2. Deutsches Verwaltungsrecht. (2)

$ 44. Zwangsdienstpflicht und übernommenes Ehrenamt, 293 
zugedachten Trägerschaft. Man bezeichnet es als Ehrenamt, 
im Gegensatz zu dem mit der Anstellung im Staatsdienste zusammen- 
hängenden Berufsamt. 
Bei dem letzteren soll die Dienstpflicht, mit welcher das Amt 
zu führen ist, ordentlicherweise dem Manne zugleich seine wirt- 
schaftliche Stellung und seinen Lebensunterhalt gewähren; die 
Besoldung ist die natürliche Gegenleistung!. Das Ehrenamt 
bedeutet im Gegensatz dazu, daß die Dienstpflicht, mit der es 
geführt wird, eine reine Leistung an das Gemeinwesen vorstellt, 
das den Mann in solcher Weise für sich in Anspruch nehmen will. 
Insofern ist das Fehlen einer Besoldung allerdings ein 
äußeres Kennzeichen®?. Doch kann es nicht genügen, um das recht- 
liche Wesen des Ehrenamtes wiederzugeben; dazu reicht die Auf- 
weisung einer Lücke überhaupt nicht leicht aus. Anstellung im 
Staatsdienst gibt noch kein Ehrenamt, wenn einmal ausnahmsweise 
keine Besoldung gewährt werden sollte®. Vielmehr kommt es 
ı Vgl. oben $ 43 Note 1. 
® Man mag deshalb auch abwechselnd mehr das Fehlen der Berufsmäßigkeit 
oder mehr das einer Besoldung betonen oder beides zusammen: Wörterb. d. St. 
u. Verw.R. I S. 629; v. Bitter, Handw. d. Pr. Verw. 1S.439; Fölsche, Ehren- 
amt S. 53; Preuß, Städt. Amtsrecht S. 51, 73. 
® Das schließt nicht aus, daß man diesem grundsätzlichen Mangel einer 
Besoldung beim Ehrenamt nach anderer Richtung hin eine gewisse Wichtigkeit 
beimesse. Dies bat namentlich Gneist, seiner ganzen Anlage entsprechend, in 
politischer Hinsicht sehr umfassend verwertet: das Ehrenamt ist ihm, wegen seiner 
wirtschaftlichen Unabhängigkeit von der Dienststellung, ein Bollwerk gegen die 
vom Ministerium aus drohende „parteimäßige Verwaltung‘. Verwaltung, Justiz, 
Rechtsweg S. 3 ff.; Engl. Verw.R. I S. 256 £.; S. 259: „Da der Ehrenbeamte nicht 
aus Parteirücksichten entlassen werden kann.“ Daf das sehr beachtenswert ist, 
wird niemand bestreiten; aber uns geht das hier nichts an. — Preuß, Städt. Amts- 
recht S. 43 ff., möchte allerdings in der Gehaltlosigkeit des städtischen Ehren- 
amtes zugleich ein juristisch hochwichtiges Ereignis sehen: den Durchbruch näm- 
lich „des öffentlichrechtlichen Charakters des Amtsrechts . . ..in völliger Reinheit“. 
Denn mit den Ansprüchen auf Gehalt oder Pension „schieden alle privatrecht- 
lichen Momente aus und das Amtsrecht dieser Ehrenbeamten konnte nur in dem 
rein publizistischen Anspruch der durch die Wahl qualifizierten Gliedperson auf 
die Organstellung ... bestehen“ (S. 43). So hält jetzt durch Vermittlung des 
Organismus, der Organperson, des Organwillens und der Organstellung (S. 44) das 
ganze Öffentliche Recht seinen Einzug. Wenn aber der Organismus, wie das seine 
Art ist, Organe hervortreibt und ihnen dabei immerhin eine Art öffentlicher 
Dienstptlicht mitgibt, so kann es ihm eigentlich gleichgültig sein, ob er ihnen 
such noch einen öffentlichrechtlichen Gehaltsanspruch mitgeben soll oder nicht. 
Den Gehaltsanspruch als „privatrechtliches Moment“ zu empfinden, ist keineswegs 
ein Zeichen des aufsteigenden öffentlichen Rechts.
	        
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