94 Das öffentliche Sachenrecht.
Wenn er zugelassen ist, wenn also der Ausspruch über
den Enteignungsfall bejahend lautet, so begründet das für den
Unternehmer die rechtliche Möglichkeit, das Verfahren weiter zu
betreiben und durch Antragstellung bei der Enteignungsbehörde
die Grundstücke zu erlangen, deren er zur Durchführung des Unter-
nehmens bedarf. Diese Behörde wird nun erst zuständig, den
obrigkeitlichen Akt zu erlassen, der das bewirkt. Sie ist dem be-
antragenden Unternehmer gegenüber rechtlich gebunden, den
Ausspruch zu tun; er hat ein subjektives Öffentliches
Recht darauf, ähnlich dem Recht auf zu erlassendes Urteil, welches
dem Kläger vor dem bürgerlichen Gerichte zusteht. Das bedeutet
aber noch kein Recht gegen die Eigentümer der von ihm begehrten
Grundstücke, noch auch ein Recht an diesen Grundstücken selbst.
Erst der ergehende Enteignungsausspruch wird ein solches be-
gründen ®,
Behire (oder durch Verträge, vgl. unten $ 34, III n. 1) werden solche hergestellt
werden.
#8 Hier setzt die Idee des „verliehenen Enteignungsrechts“ ein, als deren
vornehmster Vertreter jetzt wohl Eger zu betrachten ist. Er formuliert (Ges. über
d. Ent. 1S. 3): „Enteignungsrecht ist das Recht des beliehenen Unternehmers, auf
Grund der staatlichen Verleihung Dritten das Eigentum gegen Entschädigung zu
entziehen“. Das scheint mir unrichtig zu sein; der Unternehmer selbst kann nie
Eigentum entziehen, das soll die Behörde tun, allerdings mit Wirkung für ihn, zu
seinen Gunsten; aber das ist doch etwas anderes. So Eger selbst a. a. 0. S. 4:
Das verliehene Enteignungsrecht bedeutet, „daß der Unternehmer gegen die vom
Gesetz mit dem eigentlichen Enteignungsakte betrauten Staatsorgane einen Öffent-
lichrechtlichen Enteignungsanspruch des Inhaltes erlangt hat, daß sie bezüglich
der für sein Unternehmen erforderlichen Grundstücke zu seinen Gunsten die Ent-
eignung aussprechen“. Diesen verliehenen öffentlichrechtlichen Anspruch nennt er
aber alsbald wieder (a. a. O. S. 5) „ein eigenes, selbständiges Privatrecht (Privi-
legium)“. In Wahrheit ist jener Anspruch gegen das zuständige „Staatsorgan“
auf Erlassung des erforderlichen „Ausspruches“ seinem rechtlichen Wesen nach
gleichartig mit dem Anspruch auf Erteilung der gewerbepolizeilichen Erlaubnis,
für welche die gesetzlichen Voraussetzungen gegeben sind. Ein volles Seitenstück
zum Enteignüngsverfahren würden wir erhalten, wenn etwa auch die Erteilung
einer Schankwirtschaftserlaubnis entsprechend in zwei Stufen auseinänder gezogen
wäre: zuerst von einer höheren Stelle die Anerkennung des Bedürfnisfalles nach
Gew.O. $ 33 Abs. 2 auszusprechen wäre mit dem dafür gegebenen freien Ermessen
und dann, wenn der Spruch bejahend ausfiel, der Wirtschaftsunternehmer an die
ordentliche Polizeibehörde sich wenden dürfte, um von ihr die gesetzlich gebundene
Entscheidung über sein Gesuch zu verlangen; sind die Voraussetzungen gegeben,
so hat er einen Anspruch auf die Genehmigung (vgl. Bd. I S. 259). Gerade so
hat der Unternehmer hier einen Anspruch auf den obrigkeitlichen Akt, der ihm
das Eigentum zuweist. Das ist kein „Privatrecht“ und kein „Privilegium“. Es
ist auch nicht „nur formelles Mittel, das ihm zur Durchsetzung seines Anspruchs