Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.2. Deutsches Verwaltungsrecht. (2)

294 Das Recht der besonderen Schuldverhältnisse. 
darauf au, das hervorzuheben, was hier die Gewährung eines Berufs 
und damit die Befriedigung eines wichtigen Eigenbedürfnisses des 
Dienstpflichtigen, um dadurch seine Dienste für das Gemeinwesen 
zu gewinnen, ersetzt. Derartiges fehlt hier keineswegs. Es ist 
nichts anderes als die obrigkeitliche Inanspruchnahme des Bürger- 
sinns und der Druck, der geübt wird, um diesem zum Siege zu 
verhelfen: es wird dem Manne zur Ehrensache gemacht, das 
Amt zu übernehmen und zu führen: daraus ergeben sich natürlich 
gewisse rechtliche Eigentümlichkeiten des ganzen Dienstverhältnisses. 
So allein erklärt sich auch die Bezeichnung: Ehrenamt. Jede 
andere Rechtfertigung ist von einer argen Kümmerlichkeit*. 
I. Die Zwangsdienstpflicht. Darunter verstehen wir eine 
öffentliche Dienstpflicht, welche obrigkeitlich auferlegt wird 
ohne Rücksicht auf die Zustimmung des davon be- 
troffenen Untertanen. Sie entsteht ohne seine Mitwirkung 
durch den einseitigen Willensakt der Öffentlichen Gewalt. Das 
bedeutet stets einen Eingriff in die Freiheit, der als solcher, dem 
* Der Preuß. Städte-Ord. v. 19. Nov. 1808 gebührt ja vor alleın der Ruhn, 
das Ehrenamt in unserem neuzeitlichen Staatswesen zur Geltung gebracht zu 
haben. Sie sagt in $ 141 von den unbesoldeten Magistratsstellen : „Jeder mit 
Gemeinsinn erfüllte Bürger wird, auch ohne Vorteile für seine Person dabei zu 
beabsichtigen, dieses ehrenvolle Amt gern übernehmen.“ Hier sind Unbesoldetheit, 
Gemeinsinn und Ehre in ihrem richtigen Verhältnis. — Sarwey, Allg. Verw.R. 
S. 99, hebt als Gegensatz zum Berufsamt hervor, daß das Ehrenamt „seiner ur- 
sprünglichen Entstehung nach die Erfüllung einer öffentlichen, jedem voll- 
berechtigten Staatsgenossen obliegenden Pflicht zum Gerichts- und Polizeidienst 
ist, übrigens auch ... als eine Ehre oder Auszeichnung betrachtet und gesucht 
wird“. Aber sus der engeren Verbindung der zwei Punkte: Bürgerpflicht ehren- 
halber zu erfüllen, ergibt sich erst der richtige Begriff. — Unsere Auffassung 
vom Ehrenamt klingt auch an bei Laband, insofern er alles, was nicht berufs- 
mäßiger Staatsdienst ist, zurückführt auf „die Erfüllung von Untertanen- oder 
Bürgerpflichten“ (St.R. IS. 483). Doch überwiegt bei Laband immer das juristisch 
Zugespitzte. — Sehr beliebt ist die Formel: wie der Berufsbeamte mit Geld, su 
wird der Ehrenbeamte mit Ehre bezahlt; gemeint ist die vom Staate zu ver- 
leihende Ehre, die er als Gegenleistung gewährt. So Loening, Verw.R. S. 188: 
„Ehrenbeamte sind diejenigen Beamten, für welche allein in der mit dem Staats- 
dienst verbundenen Ehre das äußere Entgelt für ihre Mühewaltung liegt.“ Ähnlich 
Preuß, Städt. Amtsrecht S. 51: „Hier gibt es keinerlei Gegenleistungen für die 
geleisteten Dienste als die Ehre.“ Jellinek, Allg. St.Lehre S. 638: Die Dienst- 
pflicht des Ehrenbeamten „findet ihre wesentliche Gegenleistung in dem Maße 
spezieller Ehre, das mit jeder Trägerschaft staatlicher Organstellung verbunden 
ist“, Genau genommen läuft alles das bloß wieder auf den verneinenden Ge- 
danken hinaus, daß der Ehrenbeamte keine Besoldung erhält, sondern eben nur 
Ehre; diese staatliche Ehre erhält aber der Berufsbeamte auch, der Minister 
z. B. neben seinem Gehalte in höherem Maße noch als der Ortsvorsteher.
	        
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