Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.2. Deutsches Verwaltungsrecht. (2)

336 Das Recht der besonderen Schuldverhältnisse. 
bleibt gleichwohl der allgemeine Begriff der Strafe auch hier noch 
erfüllt ®®. 
1. Bei Polizeistrafe und Finanzstrafe haben wir gesehen, wie 
die obrigkeitliche Zufügung des Übels stets einer gesetzlichen 
Grundlage bedarf. 
Die Disziplinarstrafe dagegen setzt das öffentliche Dienst- 
verhältnis voraus und dieses bietet dem obrigkeitlichen Dienstherrn 
von selbst allerlei Mittel übel zu empfindender Einwirkung. Das 
kommt vor allem dem Beamten gegenüber zur Geltung, sofern 
der Bestand des Verhältnisses selbst von seinen Oberen abhängt, 
die ihn versetzen oder entlassen können; die Vorgesetztenstellung 
ss Binding, Grundr. d. Stf.R. S. 153: „keine Strafe im Rechtssinn, sondern 
ein pädagogisches Zuchtmittel“. Das letztere ist für die „korrektive“ Disziplin 
sehr zutreftend. Aber warum soll ein solches Zuchtmittel nicht zugleich dem 
allgemeinen Begriff der Strafe entsprechen können? — Rehm, in Annalen 188. 
S. 191 Note 3, möchte einen Hinweis darauf, daß der Zweck der Strafe „die 
Aufrechterhaltung der Zucht und Ordnung bei der Realisierung der dem 
Herrscher zustehenden Dienstrechte“ sei, schon darin finden, daß man die leichteren 
Disziplinarstrafen als „Ordnungsstrafen“ bezeichnet. Wenn das der innere 
Grund der Bezeichnung wäre, so müßten doch wohl die schwereren Disziplinar- 
strafen erst recht Ordnungsstrafen heißen. Aber dieses farblose Wort wird ja 
auch für die Ungehorsamsstrafen gebraucht (vgl. oben Bd. I S. 284 Note 4), eben- 
so für die kleinen Finanzstrafen („bloße Ordnungsstrafe“; vgl. oben Bd.I S. 376), 
wie auch für die rechtssatzmäßige Strafe auf Nichtleistung des Schöffen- und 
Geschworenendienstes (oben $ 44 Note 13 und hier unten Note 46). Es sagt 
also nichts über Natur und Zweck der Strafe, sondern deutet bloß auf ihr Maß 
hin: sie soll nicht allzuwehe tun. v. Bar, Handb. d. Stf.R.I S. 358, nennt aller- 
dings das, was bei uns Ungehorsamsstrafe oder Zwangsstrafe heißt, „Ordnungs- 
strafe im eigentlichen Sinn“; eigentlich aber soll es doch auch bei ihm bedeuten 
„ganz geringfügige, auf Nichtbeobachtung, insbesondere von Formvorschriften 
gesetzte Strafen“ (Note 398). Bestimmter in letzterem Sinne: Merkel, St£.R. 
$ 16 n. 2. So wird das Wort auch für eine Unterart der Disziplinarstrafen 
gebraucht; vgl. unten Note 43. 
Daß wir den Satz G. Meyers in Annalen 1876 S. 675: „ein begrifflicher 
Gegensatz zwischen Amtsdelikten und Dienstvergehen (mit Disziplinarstrafe zu 
 ahndenden Pflichtverletzungen) existiert gar nicht“, nicht annehmen, versteht sich 
nach dem Ausgeführten von selbst. Die Disziplinarstrafe bedeutet kein „Spezial- 
strafrecht für Beamte“; sie ist ganz anderer Natur wie die gemeine Strafe. Das 
Militärstrafgesetzbuch bedeutet ein Spezialstrafrecht für den Soldatenstand; aber 
gerade ihm steht das militärische Disziplinarstrafrecht gegenüber als etwas anderes, 
wohl unterschiedenes: Verhängung der Strafe in gebundener Vollziehung des sie 
androhenden Rechtssatzes und Verhängung der zur Verfügung gestellten Strafe 
zwecks Besserung des Dienstes, das ist juristisch zweierlei. Laband, St.R. IV 
8. 158; Dietz, in Wörterb. d. St. u. VR.IIS. 856 („Verwaltungsstrafe“ und 
„Rechtsstrafe“), Wegen der Disziplinarstraford. f. d. Heer vgl. unten Note 41.
	        
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