Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.2. Deutsches Verwaltungsrecht. (2)

378 Das Recht der besonderen Schuldverhältnisse. 
Gegen den Defektenbeschluß gestatten die Gesetze dem Be- 
troffenen den Rechtsweg vordenordentlichen Gerichten. 
den er innerhalb einer bestimmten Ausschlußfrist beschreiten kann. 
Es handelt sich um keine bürgerliche Rechtsstreitigkeit. Der 
Defektenbeschluß leitet nicht eine administrative Zwangsbeitreibung 
ein für eine zivilrechtliche Forderung nach der oben Bd. I S. 393 
geschilderten Art von Zuständigkeitsverschiebung. Sondern um- 
gekehrt: das Zivilgericht ist hier zuständig gemacht für eine Ver- 
waltungssache und prüft den Defektenbeschluß nach wie eine Ober- 
instanz®®, — 
Mit den Ämtern der Kassen- und Materialverwaltung verband 
sich früher regelmäßig und verbindet sich in manchen Staaten noch 
die Vorschrift der Kautionsstellung®®. Das ist nicht als eine 
zu erfüllende Dienstpflicht anzusehen, sondern als eine Bedingung 
des Amtsantritts. Die Erfüllung dieser Bedingung, die Bestellung 
der Kaution vollzieht sich in den zivilrechtlichen Formen der Ver- 
pfändung. Auch die Geltendmachung der Rechte des Dienstherrn 
an den bestellten Sicherheiten befolgt die Regeln, welche das 
bürgerliche Recht für den Pfandgläubiger gibt, und umgekehrt 
wird nach Erledigung des zu sichernden Verhältnisses die Rück- 
gabe des Pfandes verlangt mit der zivilrechtlichen Klage aus dem 
Pfandvertrag ®!. 
2. Die Schadensersatzpflicht, welche B.G.B. $ 823 an un- 
erlaubte Handlungen knüpft, hat „außerkontraktliche Hand- 
lungen“ im Auge. Wer dem anderen durch Verletzung einer 
Vertragspflicht Schaden zufügt, haftet dafür nach den aus 
dem Vertragsverhältnis sich ergebenden Regeln, je nachdem also 
in weiterem Umfange oder in engerem, letzteres, sofern der andere 
wenn der Schuldner nicht mehr im Dienste, und ebenso, wenn es sich um ein Ver- 
schulden bei Erhebung von Einnahmen handelt; dann „ist diese Verbindlichkeit 
eine privatrechtliche“ (Nippold in Sächs. Arch. f. bürg. R. II Erg.Hft. S. 50). 
®® Von einer „provisorischen Natur“ des Defektenbeschlusses kann man so 
wenig reden wie bei einem erstinstanzlichen- Urteil. Kanngießer, Reichs- 
beamtenrecht S. 236 n. 1, der sich unter anderem so ausdrückt, bemerkt S. 237 n. 6: 
bei den Reichstagsverhandlungen habe man sogar angenommen, daß das Gericht 
auszugehen habe von einer „dem Defektenbeschluß zur Seite stehenden Vermutung 
der Wahrheit“. Das ist bei einem nachzuprüfenden Verwaltungsakt nichts Be- 
sonderes. 
°° Seit Reichsges. v. 20. Febr. 1898 meist aufgehoben. 
° Durch die Verbindung des zivilrechtlichen mit dem öffentlichrechtlichen 
Verhältnis forderte die Einrichtung zu - wissenschaftlicher Behandlung heraus: 
Laband, St.R. (8. Aufl.) I S. 407 f.; Seydel, Bayr. St.R. II S. 206 ff.; O.M. 
Verw.R. (1. Aufl.) II S. 262.
	        
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