388 Das Recht der besonderen Schuldverhältnisse.
Solche kommen aber daneben auch jetzt noch zum Vorschein
und zwar auf zweierlei Art:
— Einmal sind Reste alter Naturalwirtschaft stehengeblieben.
Das ist einleuchtenderweise vor allem der Fall in bäuerlichen Ver-
hältnissen und zur Beschaffung der Mittel für bestimmte Einrich-
tungen und Veranstaltungen von Dorfgemeinden. Dort gilt
immer noch, daß der Bauer Bargeld weniger leicht aufbringt und
zur Verfügung stellt als Arbeitskräfte, Zugtiere und Gerätschaften
dazu, Baustoffe, Lebensmittel in natura. Statt mehr Gemeinde-
steuern zu zahlen, leistet er das zu Beschaffende besser selbst.
wesen aufzubringen hat (oben S. 884). Das Wort wechselt also bei Fleiners Ein-
teilungsreihe seinen Sinn. Der Gegensatz von Naturalleistung und Geldleistung
hat jedenfalls keine so durchgreifende Bedeutung, um als Grundlage für die
wissenschaftliche Behandlung verwertbar zu sein. Die Praxis liebt natürlich der-
artige Einteilungsmerkmale — je äußerlicher, desto besser, vgl. z.B. v. Bitter,
Handwörterb. I S. 3 v® Abgaben —, um sich, wenn es darauf ankommt, doch
nicht daran zu halten (vgl. Preuß. Kom.Abgabenges. $ 69). Jedenfalls kann die
Naturalleistung rechtlich dasselbe bedeuten wie eine Abgabe. In meiner Jugend
erhob die Stadt Nürnberg eine Abgabe von dem eingeführten Brennholz in der
Weise, daß jeder Fuhrmann am Tore zwei große Scheite in den Stadtgraben
werfen mußte. Es gibt Länder, in welchen der Einfuhrzoll entrichtet wird in
Gestalt der Abtretung eines bestimmten Bruchteils der Waren. Naturalleistungen
kommen als Last im Sinne eines juristisch wertvollen Gegensatzes zur Abgabe
nur da in Betracht, wo sie für das Bedürfnis eines bestimmten Unternehmens un-
mittelbar Verwendung finden sollen. Andererseits: kann auch eine Geldleistung
ganz die Stelle einer ursprünglich vorausgesetzten Naturalleistung einnehmen
durch Umwandlung der Lastpflicht bei der Erfüllung (vgl. unten Note 9) oder es
ist einer Verpflichtung der besondere Zusammenhang mit dem Unternehmen ander-
weit schon so bestimmt aufgeprägt, daß es für ihre rechtliche Natur gleichgültig
ist, ob sie auch auf Naturalleistung geht oder nur auf Geld. Das ist bei der
Vorzugslast der Fall, die ja auch auf Geldzahlungen (Beiträge) lauten kann (vgl.
unten $ 48, I). Fleiner trägt dieser Tatsache Rechnung, indem er S. 387 bei
der Lehre von den „Naturalleistungen“ bemerkt: „die zweite Art öffentlicher
Lasten bildet die Vorzugslast“, und S. 397 bei der Lehre von den „Abgaben“:
„die dritte Form der öffentlichen Abgaben ist der Beitrag. Er ist eine
Vorzugslast“. Wozu aber dann der kleinen Äußerlichkeit zuliebe die schematische
Trennung? — In der Sprache der Gesetze und der Handbücher hat sich die
Unterscheidung von „Naturalleistungen und „Naturaldiensten“ eingebürgert.
Solche Dienste sind eigentlich auch Naturalleistungen, Naturaldienstleistungen im
Gegensatz zu Naturalsachleistungen. Die letzteren nennt man wohl auch „Natural-
lieferungen“ und versteht dann unter Naturalleistung außer ihnen etwa auch noch
die übernommene Herstellung eines gewissen Erfolges, wie beim Werkvertrag, im
gemeinsamen Gegensatz zu den Naturaldiensten. Vgl. Germershausen, Wege-
recht I S. 535, 536 u. 578; v. Brauchitsch, Verw.Ges. III 8.498 Note 2. Für
unseren Zweck kommen wir mit dem einfachen Begriff der Naturalleistung aus.
die das alles umfaßt,