Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.2. Deutsches Verwaltungsrecht. (2)

$ 47. Gemeine Lasten. 397 
pflicht auch wirklich zu Recht bestand. Diese Nachprüfung wird 
aber je nach den dafür geordneten Voraussetzungen mehr oder 
weniger tief auf den Sachverhalt eingehen. 
Handelt es sich um eine durch obrigkeitliche Veranlagung 
auferlegte Lastpflicht, so ist der Verwaltungsakt wieder nur nach- 
zuprüfen in der beschränkten Weise der Polizeistrafrechtspflege: 
„ob die Verfügung der zuständigen Behörde im Rahmen der gesetz- 
lichen Vorschriften erlassen, nicht aber ob die getroffene Anordnung 
notwendig oder zweckmäßig wäre ®*®. 
Ist es eine einfache Anforderung, die ergangen ist, so 
muß sie sich gefallen lassen, daß nachgeprüft werde, ob die tat- 
sächlichen Voraussetzungen auch wirklich gegeben waren, an welche 
das Gesetz die Entstehung der Lastpflicht durch sie knüpfen lassen 
will. Ist das der. Fall, so stand der Verpflichtbare mit seiner 
Leistung dem Unternehmen zur Verfügung und ist von der Zweck- 
mäßigkeit ihrer Verwendung die Erfüllungspflicht nicht ab- 
hängig?”. — 
se Vgl. oben Bd. I S. 274 Note 9. Das wird vor allem zutreffen bei der 
Heranziehung zu steuermäßig veranlagten Hand- und Spanndiensten, deren Nicht- 
erfüllung mit Strafe bedroht ist. So nach Bayr. Gem.Ord. v. 29. April 1869 
Art. 54 Abs. 4. u 
97 Das Gesetz kann die Voraussetzungen der Lastpflicht ganz formell be- 
stimmt haben. So für die Zeugenpflicht nach Z.Pr.O. 83 358, 377 u. 380 den 
Beweisbeschluß, für die Pferdeaushebung nach Kriegsleistungsges. $3 1 u. 25 die 
Mobilmachung. Wenn das fehlt, wird der Strafrichter trotz erfolgter Anforderung 
die Bestrafung dessen, der sich der Last entzieht, verweigern. Für die Anwendung 
von Stf.G.B. $ 360 Ziff. 10 wird ein Unglücksfall oder gemeine Gefahr oder Not 
vorausgesetzt; die Nichtleistung der als Hilfe beanspruchten Tätigkeit, wenn sie 
überhaupt als solche Sinn haben konnte, ist unter dieser Voraussetzung strafbar. 
ohne sie nicht; ob sie zweckmäßig war, prüft das Gericht nicht nach. Bayr. 
Ob.G.H. 29. März 1873 (Samml. III S. 132): Nach einem Brande beordert der 
Bürgermeister mehrere Gemeindeangehörige zur Sicherheitswache an den Brand- 
platz für die Nacht. Die Säumigen wenden gegen die Strafverfolgung ein, die 
Maßregel sei unnötig gewesen. Allein „der Polizeirichter hat nur zu prüfen, ob 
die allgemeinen Voraussetzungen gegeben seien, unter welchen das Gesetz 
die der Polizeibehörde gestattete Tätigkeit überhaupt eintreten läßt, während die 
hiernach erlassene polizeiliche Anordnung selbst sich hinsichtlich ihrer Not- 
wendigkeit und Zweckmäßigkeit der materiellen Prüfung von seiten des Straf- 
richters entzieht“. Die „polizeiliche Anordnung“ bedeutet hier ganz allgemein 
die Geltendmachung der gesetzlichen Befugnisse im Einzelfall. Die „Aufforderung“ 
nach Stf.G.B. $ 360 Ziff. 10 wird dadurch kein Verwaltungsakt, daß eine Behörde 
(Bürgermeister) sie selbst ergehen läßt und nicht ihr bloßer „Stellvertreter“. Wie 
das Gesetz einfache Verwaltungsakte machen kann (vgl. oben Bd. I S. 12), 80 die 
Behörde bloße Mahnungen. Es kommt darauf an, wozu sie nach der rechtlichen 
Ordnung des Falles berufen ist.
	        
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