Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.2. Deutsches Verwaltungsrecht. (2)

$ 47. Gemeine Lasten. 399 
beschafft nötigenfalls in Zwangsersatzvornahme ein solches für ihn 
und läßt die Kosten beitreiben; oder auch ein bestimmter Satz ist 
von vornherein aufgestellt, der an die Stelle der nicht erfüllten 
Quartierpflicht tritt ®®. 
Das wichtigste Zwangsmittel bildet hier die einfache Gewalt- 
anwendung, und zwar in der Gestalt unmittelbaren Zwangs, nicht 
etwa zur Vollstreckung eines erteilten obrigkeitlichen Befehls, 
sondern schlechthin zur Durchsetzung der nicht erfüllten Last- 
pflicht. Diese Art von Zwang findet vor allem statt, wo es sich 
umGewährungvon Sachen handelt, also um eine Verpflichtung, 
die auf dem Gebiete der Polizei überhaupt nicht vorkommt. Die 
Kriegsleistungen geben Beispiele: Quartier, Nahrungsmittel, Futter, 
Gerätschaften, Zugtiere werden zur Erzwingung der Lastpflicht 
mit Gewaltanwendung beschafft durch tatsächliche Inbesitznahme 
unter Brechung des etwaigen Widerstandes. Wo die Anforderung 
wegen Abwesenheit des zu Verpflichtenden nicht gehörig kund- 
gemacht werden kann, wird ein summarisches Verfahren gleicher 
Art Platz greifen. Der Übergang in das einfache „Kriegsnotrecht“, 
wo das Verwaltungsrecht überhaupt aufhört, liegt nahe ®°, 
Auch zur Erzwingung von Lasten, die eine persönliche 
Tätigkeit auflegen, wie das Kriegsleistungsgesetz sie vorsieht, 
werden, unter Solchen Ausnahmszuständen, die Mittel der Gewalt und 
Drohung damit verweudet werden können. Im übrigen verfährt in so 
scharfer Weise wohl nur noch die Justiz. indem sie kraft besonderer 
%° Quartierleistungsges. $ 11. — C.C.H. 11. Jan. 1873 (J.M.Bl. S. 73) behandelt 
einen Fall, wo das Einquartierungsamt von den Hausbesitzern ohne weiteres statt 
der Naturalleistung Einquartierungskosten erhoben hat, um dann das Quartier 
von der Stadt aus zu stellen. Das wurde für unzulässig erklärt: die Natural- 
leistung sei im Sinne des Gesetzes als eine Vergünstigung anzusehen, die dem 
Pflichtigen nicht entzogen werden darf; die Umwandlung in Geld sei immer bloß 
Zwangsmittel. Anders O.V.G. 11. Dez. 1906 (Entsch. L S. 13%): Die Gemeinde 
besorgt die Einquartierung in Mietquartieren und erhebt die Kosten von dem 
„Verpflichteten“; sie handelt hier „gleichsam als Geschäftsführer ohne Auftrag“, 
aber mit ihrem Kostenerstattungsanspruch fordert sie „nur die Erfüllung einer 
dem Verpflichteten nach Reichsrecht obliegenden Leistung“ ; also kein Rechtsweg, 
die Aufsichtsbehörde entscheidet. Für dieses Verfahren dürfte Quartierleistungs- 
ges. $ 7 Abs. 5 den Weg eröffnen. Von selbst versteht sich seine Zulässigkeit für 
die ausführenden Beamten nicht. 
% Kriegsleistungsges. $5. — Auch die Entnahme von Proben feilgebaltener 
Nahrungsmittel nach Nahrungsmittelges. $ 2 Abs. 2 vollzieht sich nötigenfalls 
durch Gewaltanwendung (Stenglein, Stfrechtl. Nebengesetze I S. 626, Note zu 
Nahrungsm.Ges. $ 2 Abs. 2: „kann ... gegen den Willen des Verkäufers 
weggenommen werden“).
	        
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