400 Das Recht der besonderen Schuldverhältnisse.
gesetzlicher Ermächtigung die Lastpflicht des Zeugen durch gewalt-
same Vorführung erzwingen läßt ®!,
4. Die Erfüllung der Lastpflicht stellt das zu Leistende
zur Verfügung des öffentlichen Unternehmens, für welches die An-
forderung geschah. Je nach dem Gegenstand wird die rechtliche
Bedeutung, die das hat, verschieden sein.
— Handelt es sich um Dienste, die zu gewähren sind, Arbeits-
leistung, Auskunfterteilung, Begutachtung, so tritt der Erfüllende
damit in den Bannkreis der Ordnung des Unternehmens, der er
sich zu fügen hat, um seine Lastpflicht recht zu erfüllen. Der
Leiter des Unternehmens gibt ihm bindende Anweisungen dafür,
wie das geschehen soll, übt die dem Zwecke des Unternehmens
entsprechende Leitungsgewalt über ihn aus. Es entsteht ein
ähnliches Verhältnis, wie es bei der öffentlichen Dienstpflicht in der
Dienstgewalt und dem daraus fließenden Dienstbefebl erscheint.
Nur ist der Rahmen hier enger: eine bestimmte Verrichtung für
ein einzelnes Unternehmen ist durch die Lastpflicht selbst schon
bezeichnet, die Anweisung stellt diese nur an ihren Platz im Ganzen
dieses Unternehmens und bestimmt nur insoweit auch ihren Inhalt
näher. Nichtbefolgen der Anweisung ist gleichbedeutend mit der
Weigerung, überhaupt mitzutun an dem, was hier zu geschehen
bat, und wird in Rücksicht auf Strafen und Zwangsmittel ebenso
behandelt wie einfache Nichterfüllung der Lastpflicht®®. Überdies
wird der Widerspenstige im Falle der Störung des ordentlichen
Ganges des Unternehmens den Maßregeln der besonderen Polizei
desselben ausgesetzt sein.
— Wo vermöge der Lastpflicht Sachen zum Gebrauche
überlassen werden mußten, tritt das öffentliche Unternehmen durch
°ı 2.Pr.O. 8 380 Abs. 2, StfPr.O. $ 50.
»® Wir sahen diese Leitungsgewalt schon in das Gebiet der öffentlichen
‚Dienstpflicht hereinspielen; vgl. oben $ 44 Note 19. In der Lehre von der
öffentlichrechtlichen Anstaltsnutzung (unten $ 52, II) wird sie ihre weiteren Zu-
sammenhänge finden. Mit der Aufforderung zur Hilfeleistung nach Stf.G.B. $ 360
Ziff. 10 wäre es nicht getan und ebensowenig mit der erwirkten Überlassung von
Mannschaften zu allerlei Diensten und Arbeiten nach Kriegsleistungsges. $ 3 Ziff. 3.
käme nicht die Leitungsgewalt dazu, welche die richtige Verwendung der so ge-
wonnenen Kräfte sichert. Oder wie soll man sich das Verhältnis denken? Quasi-
Dienstverhältnis nach Zivilrecht etwa? — Der Apothekerlehrling wie der Kom-
mandant der freiwilligen Feuerwehr in den oben Bd. IS. 299 Note 81 angeführten
Fällen hatten sich beide gegen die ihnen unbekannte Leitungsgewalt verfehlt, der
letztere hatte sich freiwillig darunter gestellt, der erstere in zögernder Erfüllung
einer Lastpflicht nach Stf.G.B. $ 360 Ziff. 10. Die Leitungsgewalt war dieselbe.
Nur die Verhaftung war in beiden Fällen zu viel.