416 Das Recht der besonderen Schuldverhältnisse.
licher Vergemeinschaftung: gemeinsame Wohnsitze verbinden
zu gemeinsamen Gefahren und Vorteilen und zu dem nötigen Zu-
sammenwirken für beides. Der Einzelne steht nicht einem höheren
Pflichtverhältnis gegenüber, sondern bleibt sich selbst der Erste.
Um seiner selbst willen leistet er seinen Teil für gemeinsame
Zwecke, und daß er ausreichend leiste, darüber wacht die harte
Eifersucht der Genossen. Verabredung und Herkommen bilden
festere Ordnungen; namentlich die Gewohnheit bindet diese Men-
schen mit gewaltiger Macht, zu Unwesentlichem oft noch mehr als
zu Wichtigem®®.,
Nun kommt der Polizeistaat auch über diese Bauern-
wirtschaft, um allem einen neuen Sinn zu geben. Aus den ge-
meinsamen Angelegenheiten macht er öffentliche Angelegenheiten,
öffentliche Anstalten und Unternehmungen; die dafür aufzubringen-
den Leistungen gestaltet er um zu Pflichten gegen ihn, wahr-
zunehmen durch seine Polizeibehörde. Das hat sich ja ähnlich
auch bei den einfachen Vorzugslasten entwickelt?!. Im Gegeusatz
zu diesen hatten sich aber hier noch besondere Rechtsbeziehungen
zwischen den Lastpfliechtigen vorgefunden, die jetzt nicht
in der Pflicht gegen die Obrigkeit aufgehen, sondern fortbestehen
als der tragende Unterbau dieser Pflicht. Daher stammt jene
eigentümliceDoppelung der Rechtsverhältnisse der
Verbandlast, von der wir oben sprachen.
Diese rechtliche Gestaltung wichtiger Verwaltungsgeschäfte war
gauz im Geiste des Polizeistaates. Sein obrigkeitliches Beamten-
tum behält alles inder Hand, was öffentliche Verwaltung ist.
Die Mittel dafür werden aufgebracht, wenn es sich um Dinge
handelt, die das Staatsganze unmittelbar angehen, durch „all-
gemeine Anlagen“; wenn sie aber in erster Linie als Sache eines
engeren Kreises angesehen werden sollen, dann wird dieser zu
einem Lastenverbande zusammengefaßt, um der leitenden Be-
hörde diese Mittel zur Verfügung zu stellen. So hat man denn
nicht bloß die alten Lastenverbände übernommen und angepaßt,
sondern planmäßig neue gegründet; das ganze Staatsgebiet wird
‚ ”° Mit diesem Gegensatz von Stadt und Land hebt ja auch Gierke an in
seiner Geschichte des deutschen Körperschaftsbegrifies (Genossenschaftsrecht II
8. 20 f). Den Wert der Genossenschaft und die ursprüngliche Begabung der
Deutschen für „staatliche Organisation“ (a. a. O.1IS. 3) schätze ich, wie oben
schon zu ersehen, nicht so hoch ein.
2 Vgl. oben In. 2.