$ 48. Vorzugslasten und Verbandlasten. 417
damit überzogen; sie bilden ein wesentliches Stück der Verwaltungs-
einrichtung *,
Im Rechtsstaat konnte das Rechtsinstitut in dieser Gestalt
unbedenklich fortbestehen. Vom Untergang der Fiskuslehre wurde
es nicht betroffen; denn die ihm eigentümliche Doppelung der
Rechtsverhältnisse beruhte ja nicht auf dieser Art, den Staat. zu
spalten. Was ihm mehr und mehr Eintrag tat und es in den
Hintergrund drängte, das ist vielmehr jene mächtige Strömung, die
unter dem Namen Selbstverwaltung innerhalb des Rechts-
staates sich noch weitere freiheitliche Ziele steckt2®. Wenn sie
darauf gerichtet ist, Öffentliche Angelegenheiten, welche engere
Kreise des Volkes besonders angehen, diesen zu eigenem Recht
und eigener Betätigung zuzuweisen, so verträgt sich damit die
polizeistaatliche Form der Verbandlast allerdings in keiner Weise.
Von den Umbildungen, die sich in ihrem, Sinne schon vollzogen
haben, weist die Gegenwart deutliche Belege auf**,
2. Bei dem Verhältnisse der im Lastenverbande be-
griffenen Einzelnen zur Öffentlichen Gewalt (Staat
oder Gemeinde) handelt es sich zunächst um Öffentliche Lasten in
dem bisher schon festgehaltenen Begriff. Ihre Besonderheit erhält
22 Über diesen Entwicklungsgang: Gierke, Genossenschaftarecht I S. 765 fl.
Er nennt das Ergebnis „gemeindeähnliche Verbände für besondere Zwecke“;
Kultus, Schule, Armenpflege, Wegeunterhaltung kommen als solche Zwecke vor-
nehmlich in Betracht. Ursprünglich waren das „Genossenschaften“. Aber der
„obrigkeitliche Staat“ (unser „Polizeistaat“) „strebt ihre Verwandlung entweder in
bloße staatliche Bezirke oder in Staatsanstalten mit juristischer Persönlichkeit
an“. — O0.V.G. 7. Febr. 1883 (Entsch. IX S. 69) und 15. Mai 1885 (Enntsch. XI
S. 258) gibt die Grundzüge der polizeistaatlichen Ordnung dieser Dinge folgender-
maßen: „Nach der Rechtsauffassung im vorigen Jahrhundert standen dem Staate
in der Ausübung der Polizeihoheit zur Förderung der Wohlfahrt und Sicherheit
des Ganzen als die ihm zunächst Verpflichteten die für die obrigkeitliche Ver-
waltung verantwortlichen Korpora, die Magistrate, Dominien, Domünenämter
gegenüber, vorbehaltlich der Unterverteilung jure collectandi. In welchem Maße
dominium und Untertanen zu den Polizeianstalten beizutragen hatten, regelte sich
meist nach Vertrag und Herkommen.“ Es handelt sich nach heutiger Ausdrucks-
weise nicht bloß um „Polizei“, sondern um die ganze innere Verwaltung. Die
„Korpora“ sind nichts anderes als die Behörden. Das „jus subcollectandi* ist
hier nicht das landesherrliche Besteuerungsrecht, das man gewöhnlich darunter
versteht, sondern die Geltendmachung der Lastpflicht, die innerhalb der Gruppen
Verpflichteter gemäß „Vertrag und Herkommen“ verteilt ist.
9 Vgl. unten $ 58 Note 13.
2 Vgl. hier unten n. 4. — Neugeschaffene Verbandlasten haben wichtige
Eigenschaften des allgemeinen Rechtsinstituts nicht mehr beibehalten können;
vgl. unten Note 80 u. 43.
Binding, Handbuch. VI. 2: Otto Mayer, Verwaltungsrecht. II. 2. Aufl, 27