$ 48. Vorzugslasten und Verbandlasten. 495
4. Zwischen dem lastberechtigten Träger öffentlicher Ver-
waltung, also regelmäßig dem Staate, und dem lastpflichtigen
Verbandsangehörigen erscheint nun noch, immer deutlicher sich
vordrängend, ein Dritter, eine vermittelnde juristische
Person. Der Verband selbst, welchen die Lastträger bilden, ist
von Anfang an nichts anderes als der Ausdruck ihres Gesamt-
rechtsverhältnisses. Er ist die Gesellschaft der Verbundenen.
Der Name Sozietät, welcher sich häufig zur Bezeichnung solcher
Verbände gebraucht findet, gibt das Verhältnis richtig wieder. Für
den Begriff des Rechtsinstituts ist es auch jetzt nicht wesentlich,
daß der Verband noch mehr, daß er insbesondere mit irgendeiner
Form von juristischer Persönlichkeit ausgestattet sei®. Die
juristische Person kann dazu kommen. Es fragt sich nur, in
welcher Art und Weise das geschieht. Man darf auch hier nicht
alles auf einen Leisten bringen wollen. Wir haben drei verschiedene
Gestaltungen zu unterscheiden:
— Am einfachsten wird sich die Sache darstellen in Gestalt
der Zugabe einer eigenen juristischen Persönlichkeit
zum Verband. Soweit es sich um Verbandlasten handelt, die
our hie und da einmal und dann rasch vorübergehend für das
öffentliche Unternehmen in Bewegung gesetzt werden, besteht dafür
kaum ein Bedürfnis. Das durch den Verband Aufgebrachte wird
hier sofort auch schon dem Öffentlichen Unternehmen überwiesen
und dort verwendet und verbraucht, der Verband selbst hat es
gesehen. So die Landlieferungen für Heereszwecke. Bei anderen
Lastverbänden aber handelt es sich um Gewährung der Mittel zur
Herstellung und Instandhaltung dauernder Einrichtungen: Wege,
%8 Rosin, Öff. Genossensch. S. 52: „So treten neben die öffentlichen Ge-
nossenschaften (juristische Personen) auch Gesellschaften des öffentlichen
Rechts“. Ein Beispiel in 0.V.G. 9. Mai 1885 (Entsch. XII S. 171): Es werden
Hebammenbezirke gebildet gemäß Kab.Ordre v. 16. Jan. 1817; die Eltern jedes
Kindes, das im Bezirk geboren wird, auch wenn sie die Land-Hebamme nicht
rufen, haben an diese eine bestimmte Taxe zu entrichten. Sie bilden einen Ver-
band für das öffentliche Institut der Hebamme. Der Hebammenbezirk aber „ist
keine öffentliche Korporation; durch Polizeiverordnung können neue korporative
Organe als Träger einer Polizeilast nicht geschaffen werden“. — Ebenso sind
manche Lieferungsverbände außer Zusammenhang mit irgendeiner juristischen
Person (vgl. unten Note 40). Auch Armenverbände erscheinen in dieser Weise
als bloße Bezirke, innerhalb deren die Armenlast aufgebracht wird durch die
Einzelnen unmittelbar, wenn auch durch Vermittlung der Behörde der im Bezirk
begriffenen Selbstverwaltungskörper; so nach Kab.Ordre v. 17. Nov. 1845 der
Landarmenverband der drei Eichsfeldischen Kreise mit dem Kreise Nordhausen;
Mascher, Staatsbürgerrecht und Armengesetzgebung Preußens S. 404.