$ 48. Vorzugslasten und Verbandlasten. 429
Noch einen Schritt weiter, und die Gemeinde tritt aus der
zweiten Linie in die erste, um unmittelbar für die Aufbringung
des Bedarfs des Unternehmens einzustehen. Dann hört Lastpflicht
der Einzelnen und Lastenverband überhaupt auf; es bleibt nichts
als die Selbstverwaltungslast. Diese einschneidende Änderung ver-
bindet sich aber mit einer anderen, ebenso einschneidenden: die
Gemeinde wird ordentlicherweise nur dann in so umfassender
Weise mit der Tragung der Kosten des ganzen Bedarfs des Öffent-
lichen Unternehmens beladen werden, wenn dieses Unternehmen
selbst fortan nicht. eine dem Staate unterstehende, sondern eine
Gemeindeangelegenheit sein soll, die dann auch im Namen
der Gemeinde durch ihre Vertretung oder wenigstens unter deren
Mitwirkung geführt wird. Die Umwandlung vollzieht sich teils
durch Gesetz, teils durch besondere Übernahme. Eine Reihe
besonders wichtiger ehemaliger Verbandlasten hat das Schicksal
gehabt, auf diese Art aufzugehen in den ganz anders gedachten
Ordnungen der Selbstverwaltung: Wegeverbände, Schulverbände,
Armenverbände und sonst noch manches ähnlichen Zwecken Dienende
haben allmählich ihren Stoff großenteils ausgeleert in diese von
der Gunst der Zeit getragenen Formen. Von ihnen wird aber
unten $ 58 die Rede sein.
— In der gleichen Linie, wie die soeben betrachtete Ent-
wicklung, liegt die dritte Art von juristischer Persönlichkeit, die
für die Verbandlast bedeutsam werden kann: statt der beigegebenen
juristischen Person des Zivilrechts, statt der Verbindung mit dem
umfassenden Öffentlichen Gemeinwesen unteren Ranges, der Ge-
meinde, kann die öffentliche Genossenschaft auf den Plan
treten. Zum Unterschied von der Gemeinde bedeutet sie eine
besondere juristische Person für dieses bestimmte Unteroehmen.
Zum Unterschied von den fiskusartigen Gebilden der älteren Zeit
bedeutet sie eine juristische Person des öffentlichen Rechts. Ihr
gehört das öffentliche Unternehmen an, als Genossenschafts-
Rechts ihre Angehörigen in Anspruch nähme für Naturalleistungen und Dienste.
um damit ihre Pflicht dem fremden Unternehmen gegenüber zu erfüllen. Aber
weder das Erste noch das Zweite würde eine öffentliche Last vorstellen in dem
hier festgehaltenen Sinn. Es käme vielmehr die hier oben nun sofort zu be-
trachtende Rechtsgestalt heraus. Soll eine öffentliche Last dabei in Frage
kommen, so muß entweder das zu befördernde Unternehmen eigenes Gemeinde-
unternehmen werden (was bei den Kriegsleistungen nicht angeht), oder die Ge-
meinde muß namens des Herrn des Unternehmens die Sache besorgen lassen,
wobei lediglich der Erhebungsaufwand und die allgemeine Garantiepflicht an ihr
hängen bleibt; das ist unser Fall.