$ 49. Verleihung öffentlicher Unternehmungen. 437
Auf diesen Grundlagen baut sich nun auf die Verleihung
von Straßenunternehmungen an Privatunternehmer. Den Anlaß
gab der sich entwickelnde Kunststraßenbau, wofür der Staat
selbst die Mittel nicht in genügendem Umfange aufbrachte; dazu
vor allem dienten dann eben die beliebenen Gesellschaften ?°. Die
Verleihung bedeutet dann immer zweierlei:
— Bewilligung einer Ausnahme von dem im Regal enthaltenen
Verbote der Herstellung einer dem allgemeinen Verkehr dienenden
Straße durch Privatunternehmer;
— Ausstattung des neuen Straßenunternehmens mit dem
Rechte der öffentlichen Verwaltung, seine Anerkennung als Öffent-
licbe Unternehmung, Zusicherung seiner Gleichstellung mit einem
Austiuß des Straßenregals, wenn man so sagen will, im alten Sinne
des Hobeitsrechts"!. —
Als Beschränkung von Freiheit und Eigentum bedurfte das Wegeregal im
Verfassungsstaate einer gesetzlichen Grundlage. Tatsächlich gilt es auch ohne
eine solche. Es ist die alte Auffassung bestehen geblieben, daß solche Unter-
nehmungen nicht zur natürlichen Freiheit der Menschen im Staate gehören, daher
es sich hier um einen Eingriff nicht handele. Die Grenzen der Freiheit sind aber
ja Auffassungssache; vgl. oben $ 20, II. Hier ergibt sich diese Verneinung um
so leichter, als tatsächlich die Verwaltung immer die Mittel in der Hand hat, das
Gelingen eines solchen Konkurrenz-Straßenunternehmens zu vereiteln, vor allem
indem sie ihm den Anschluß an ihre öffentliche Straße versagt. Dazu bedarf sie
keiner besonderen gesetzlichen Grundlage.
10 Anwendungsfälle der Verleihung von Straßenunternehmungen lieferten
früher in Preußen häufig die Chausseebauten. Der Bau und die Unterhaltung
wurde von einer Aktiengesellschaft übernommen „gegen Verleihung angemessener
Abgaben“. Darüber das Material bei v. Rönne, Verf. u. Verw. des Preuß. Staates
T. IV, Bd. IV Abt. 2 (Wegepolizei) S. 178. Vgl. auch Germershausen,
Pr. Wegerecht I S. 373 ff.
1 Auch Privatstraßen, als dem Privatverkehr dienende, im Gegensatze zu
solchen einem Privaten verliehenen öffentlichen Straßen, bedürfen baupolizeilicher
und wegepolizeilicher Genehmigungen (schon wegen des Anschlusses an die Öffent-
liche Straße); das bedeutet keine Verleihung. — Ebenso ist es keine Verleihung,
wenn ein Privatunternehmer eine im Bebauungsplan vorgesehene öffentliche Straße
ausbauen darf, um die Verwertung der angrenzenden Bauplätze zu beschleunigen.
Der Zweck ist, daß die Stadt die Straße, wenn sie fertig ist, übernehmen soll;
erst dadurch wird sie dann öffentliche Straße. Vorher nicht. Der Unternehmer
hat weder Rechte noch Pflichten eines Beliehenen, noch soll er sie je bekommen.
Die Vorschriften, die ihm gegeben werden, setzen ihn nur in Stand zu wissen,
was er tun muß, um jenen Erfolg zu ermöglichen. R.G. 22. Sept. 1888 (Enntsch.
XXI 8, 294): Die Anordnungen der Stadt (über die Art des Ausbaues der Straße)
geben ihr „zwar wohl das Recht, die Übernahme der Straße zur eigenen Unter-
haltung solange abzulehnen, als ihren Anordnungen nicht völlig entsprochen war;
sie boten ihr vielleicht auch unter Umständen die Möglichkeit, die Benutzung der