443 Das Recht der besonderen Schuldverhältnisse.
noch deutlicher der Fall bei den Telegraphenanstalten. Ein
solches Unternehmen für den allgemeinen Nachrichtenverkehr ist
an sich wieder als ein Öffentliches, zur Öffentlichen Verwaltung
gehöriges denkbar oder als Privatgeschäft. Das Gesetz erklärt es
zum Regal mit der Wirkung, daß auch die entsprechenden privat-
geschäftlichen Nachahmungen verboten sind. Die Ausübung des
Rechts kann durch den Reichskanzler an Privatunternehmer „ver-
lieben“ werden. Dann wird nicht bloß das Verbot beseitigt, sondern
auch die Telegraphenanstalt dieses Privatunternehmers eine
öffentliche 8.
Nachträglich hat das Gesetz auch die drahtlose Tele-
graphie in den Kreis seiner Vorschriften gezogen. Solche Anlagen
und ihr Betrieb sind schlechthin von einer Genehmigung des
Reiches abhängig gemacht !?. Das wird dann verschiedene Rechts-
gestaltungen annehmen können. Wenn das Reich selbst die Anlage
errichtet, so bedarf es keiner Genehmigung; es kommt bloß darauf
an, daß die Zuständigkeitsgrenzen der verschiedenen Reichsstellen
dabei beobachtet werden. Wenn ein Bundesstaat die Genehmigung
erhält, so bedeutet das, daß er nun die Anlage errichten kann
ohne seine Bundespflichten zu verletzen, eine Erlaubnis also, die
von dem verfassungsmäßig bindenden Verbot entbindet. Die Natur
eines öffentlichen Unternehmens gibt er seiner Einrichtung dann
aus eigener Kraft. Ist es ein Privatunternehmer, der die Anlage
machen und betreiben will — und auch juristische Personen des
öffentlichen Rechts, Gemeinden z. B. können als solche hier in
Betracht kommen —, so kann gemeint sein, daß sie Öffentlichen
Zwecken und dem Dienste der Allgemeinheit gewidmet sein soll
als Öffentliches Unternehmen: dann bedeutet die Genehmigung die
Verleihung eines solchen im Sinne des hier erörterten Rechts-
instituts. Möglicherweise ist es aber auf einen beschränkten Zweck
der Privatwirtschaft des Unternehmers abgesehen, der als solcher
nicht geeignet ist, einem Öffentlichen Unternehmen den Inhalt zu
geben, dann wird die Genehmigung die Natur einer bloßen Erlaubnis
erhalten, in ihren Wirkungen der Polizeierlaubnis vergleichbar, und
18 R.Tel.Ges. v. 6. April 1892 $ 1 (Regal), $ 8 (die freigelassenen Anlagen,
vor allem Privatanlagen, entsprechend den Privatstraßen und Privateisenbahnen).
$ 2 (Verleihung des in $ 1 vorbehaltenen Rechts an Privatunternehmer).
" R.G. v. 7. März 1908 fügt zu Ges. v. 6. April 1892 $ 3 hinzu: „Elektrische
Telegraphenanlagen, welche ohne metallische Verbindungsleitungen vermitteln,
dürfen nur mit Genehmigung des Reiches errichtet und betrieben werden“. Nach-
dem das Gesetz von 1892 „Verleihung“ zum Fachausdruck erhoben hat, ist die
Wahl von „Genehmigung“ hier bedeutsam.