448 Das Recht der besonderen Schuldverhältnisse.
privatrechtliche Ansprüche entstehen wie sonst auch. Sogar eine
Gebundenheit der gesetzgebenden Gewalt an diesen Vertrag hat
man behaupten wollen®°. Wo man die öffentlichrechtliche Bedeutung
des Vorganges nicht ganz übersieht, glaubt man wenigstens ein
gemischtes Rechtsgeschäft annehmen zu dürfen. Der
Konzessionsakt wird in zwei Teile zerlegt: in den eigentlichen
Konzessionsakt, Konzessionsakt im engeren Sinn, durch welchen
die öffentlichrechtlichen Wirkungen erzeugt werden, die hier zu be-
obachten sind, insbesondere die Zulässigkeit der Enteignung für das
Unternehmen und die Überlassung der Ausübung der Bahnpolizei,
und in die Konzession im weiteren Sinne, umfassend alle übrigen
Bestimmungen, namentlich auch die Begründung aller vermögens-
rechtlichen Ansprüche des Unternehmers, was dann eben den
privatrechtlichen Vertrag vorstellt. Das ist nichts anderes als die
fortgeschleppte polizeistaatliche Auffassung ?!,
Die zweite Meinung geht darauf aus, jedes Recht des Unter-
nehmers gegen den Staat zu verneinen, und die Begründung findet
sie darin, daß sie die Konzession schlechthin für einen öffentlich-
rechtlichen Akt erklärt und sonst nichts, für einen hoheitlichen
Akt. Ein solcher kann seiner Natur nach den Staat nicht binden:
dieser ist jederzeit in der Lage, die eingeräumte Vergünstigung
wieder einzuschränken oder ganz zurückzunehmen, und zwar ohne
0 Vgl. oben Note 26. In diesem Sinne Rüttimann in seinem oben Note 13
erwähnten Gutachten. Dazu die treffende Widerlegung von Sachs, in Ztschft.
f. H.R. XIX S. 330 ff. Carrard in seinem Gutachten S. 14 und ebenso Meili,
R. d. mod. Verkehrsanst. S. 22, glauben darauf hinweisen zu sollen, daß auch die
französischen Juristen hier von einem Vertrage sprechen. Allein der „contrat
administratif“, von welchem bei Dufour, Batbie, Perriquet u.‘A. die Rede
ist, soll ja in Wahrheit kein Vertrag sein, sondern hat nur den Namen eines
solchen; vgl. Arch. f. öff. R. II S. 25.
So Carrard.a. a. O. S. 8; ebenso Hilty in seinem Note 28 erwähnten
Gutachten $S. 16: „Es nimmt also jede Eisenbahnkonzession an Private unwillkür-
lich (!) neben dem Charakter einer Verleihung von Souveränitätsrechten auch den
Charakter eines zweiseitigen Privatvertrages an, aus dem gegenseitig gerichtlich
klagbare Rechte und Gegenrechte entstehen. Diese beiden Seiten, die staatsrecht-
liche und die privatrechtliche, bestehen in jeder Eisenbahnkonzession neben-
einander, dieselbe hat einen staatsrechtlichen und einen privatrechtlichen Teil”.
Ebenso Haberer, Österr. Eisenb.R. S. 24: Die Konzession erhält zunächst den
Willen der Staatsgewalt, die Ausübung des Hoheitsrechts nicht selbst zu voll-
ziehen, sondern einem Dritten zu überlassen. „Enthält die Urkunde noch andere
Bestimmungen, so erhält sie auch noch den Charakter eines zweiseitig verbind-
lichen Vertrages.“ — Über die „gemischten“ Rechtsinstitute im allgemeinen vgl.
oben Bd. I S. 120.