Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.2. Deutsches Verwaltungsrecht. (2)

450 Das Recht der besonderen Schuldverhältnisse. 
nichts dabei beraus®®. Daß man diese unfruchtbaren Bemühungen 
nicht schon längst aufgegeben hat, das liegt allein an der noch 
immer weitverbreiteten Unbekanntschaft mit dem für das Ver- 
ständnis unseres Öffentlichen Rechts so unentbehrlichen Begriffe 
des Verwaltungsaktes. Die Verleihung ist ein obrigkeitlicher 
Ausspruch, der im Einzelfall für den, über welchen er ergeht, 
bestimmt, was für ihn Rechtens sein soll. Insofern er das nicht 
so tut, daß er nur erklärt, was schon Rechtens ist, sondern es mit 
freiem Ermessen, schöpferisch zustande bringt, stellt er sich dar 
als eine Verfügung. Die Fähigkeit, öffentlichrechtliche Rechts- 
verhältnisse und subjektive öffentliche Rechte zu erzeugen, versteht 
sich bei diesem Verwaltungsakte von selbst. Wenn man Anstellung 
im Staatsdienst, Verleihung besonderer Nutzungsrechte an öÖffent- 
lichen Sachen als öffentliche Rechtsgeschäfte bezeichnen 
will, so paßt dies auch auf die Verleihung öffentlicher Unter- 
nehmungen ®®, 
Die Verleihung entspricht ganz den allgemeinen Grundsätzen 
#5 Das Privilegium, die lex in privos facta, bezeichnete ja im alten Rechte 
gar vielerlei; vgl. oben Note 25. Einen bestimmteren Begriff gewinnt das Wort 
lediglich vom Standpunkt der Justiz aus. Die braucht ihr Gesetz, die obrigkeit- 
liche Norm, an der sie den Einzelfall mißt. Regelt die Obrigkeit einen Einzel- 
fall unmittelbar in einer von der Justiz anzuerkennenden Weise, so beharrt diese 
auf ihrem Schema und denkt sich die Sache so, daß die unentbehrliche Norm in 
der zu messenden Anordnung selbst stecke als „Individualnorm“ ; die Orakel sind 
gerettet. Vgl. Thon in Arch. f. öfl. R. V S. 150ff.; Windscheid-Kipp; 
Pand. I S. 684 ff. Wer über das Justizgehege hinübersehen kann, überzeugt sich 
leicht, daß diese Schematisierung doch nicht durchführbar ist, und verzichtet auf 
das allgemeine Ausfüllungsmittel „Privilegium“. Bei Windscheid-Kipp.a. 2.0. 
3. 685 soll übrigens die Bedeutung „Rechtssatz“ bei den allein hier in Betracht 
kommenden Privilegien im engeren Sinn (Einzelfall) „in den Hintergrund treten 
oder ganz verschwinden“. Privilegium bedeutet dann bloß den Erfolg: die „günstige 
Rechtsstellung“ — auch wieder ein Name, der aber wenigstens unschädlich ist 
und uns nicht weiter angeht. Zur Erklärung der Wirkungen der Konzession 
könnte das Privilegium nur in der Bedeutung Rechtssatz dienen, und darauf wird 
ja hier verzichtet. In jenem unschädlichen Sinne wird aber das gelehrt klingende 
Privilegium auch jetzt noch bei Erläuterung des praktischen Rechts viel und gern 
verwendet: Gleim, Eisenb.R. S.75; Fritsch, Handb. d. Eisenb.Gesetzgebung 
S. 12; Eger, Preuß. Eisenb.R. I S.26#.; ders., Kleinb.Ges. S. 35. — Über die 
Wertlosigkeit dieser Ausdrucksweise: Kormann ‚ Rechtsgeschäftl. Staatsakt 3.120; 
Bühler, Subj. Rechte S. 298. 
” So G. Meyer-Dochow, Verw.R. S. 286; Rehm, Gewerbekonzession 
S.36; Kormann, Rechtsgeschäftl. Staatsakt S. 106 #f,; Fleiner, Instit. S. 322; 
0.L.G. Karlsruhe 6. Mai 1904 (Puchelt, Ztschft. XXXV S, 611). Im Ergebnis 
auch Herold, Der schweizerische Bund und die Eisenbahnen S8. 795.
	        
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