Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.2. Deutsches Verwaltungsrecht. (2)

464 Das Recht der besonderen Schuldverhältnisse. 
in diesem Sinne bestimmt. Die Inanspruchnahme der Mittel ist 
eine obrigkeitliche Willenserklärung, ein Verwaltungsakt, der nicht 
aus dem Aufsichtsrechte fließt. Es ist keine Enteignung, die da 
vor sich geht; denn diese setzt nicht voraus eine besondere Ver- 
pfliehtung und Unterwerfung, welche vorhergegangen sein müßte, 
sondern greift zu, unvermittelt. Die Erklärung der Inanspruch- 
nahme bewirkt durch ihre Kundmachung an den Unternehmer den 
Übergang der Rechte. 
Insofern dadurch dem Unternehmer ein besonderes Opfer zu- 
gemutet wird, das nicht mehr als Gegenleistung für die überlassene 
Ausnutzung des Unternehmens anzusehen ist, hat er nach Billigkeits- 
grundsätzen eine Entschädigung zu erhalten, die durch einen 
bestehenden Rechtssatz oder eine besondere Klausel der Verleihung 
zum Gegenstande eines Rechtsanspruches werden kann (vgl. unten 
& 53). Den Maßstab gibt der Wert, der ihm entzogen wird, also 
nicht der Wert, den die Sachen im Unternehmen hatten, sondern 
ihr Rohwert, derjenige, für welchen sie nach Erlöschen des Unter- 
nehmens sonst verwertbar wären. Je nach der besonderen Art der 
Endigung des Verleihungsverhältnisses kann sich aber die Berech- 
nung abweichend gestalten. 
Die Endigungsgründe selbst sind die folgenden ?°: 
1. Verzicht?!. Wie vorhin ausgeführt (oben S. 460), ist die 
1% Darüber Haberer, Österr. Eisenb.G. S. 27. — Laband, Denkschrift 
f. d. Hess. Ludwigsbahn S. 8, bestreitet dieses Recht des Staates, da er ein 
solches auch nicht habe im Falle des Erlöschens der Polizeierlaubnis zu Pulver- 
fabriken, Theatern, Gastwirtschaften. G. Meyer in seiner Erwiderung S. 21 
bemerkt richtig, daß die Eisenbahnen eben „keine privaten Erwerbsgeschäfte. 
sondern öffentliche Verkehrsanstalten seien“. Wir fügen hinzu, daß auch die 
Verleihung etwas anderes ist als die Polizeierlaubnis. 
#% Fritsch (Gleim), in Wörterb. d. St. u. Verw.R. I S. 664, schickt den 
besonderen Verlustgründen voraus die Bemerkung: „Als Privilegium erlischt das 
Konzessionsrecht aus den Gründen, die nach den in den einzelnen Staaten be- 
stehenden allgemeinen Rechtsgrundsätzen den Verlust der Privilegien zur Folge 
haben.“ Gemeint ist wohl A.L.R. Einl. $ 59 f. Damit ist aber für die Eisen- 
bahnkonzession gar nichts anzufangen. Daß auch ihr Recht verschwindet, wenn 
die Aktiengesellschaft schlechthin untergeht, der es gehörte, und daß das Gesetz 
immer eingreifen kann, um es zu entziehen, wußten wir auch 80. 
” Gegen die alte Lehre, daß öffentliche Rechte von Natur unverzichtbar 
seien, vgl. oben Bd. I 8. 115. Das Gegenteil ist auch hier richtig. Es liegt nur 
eben ein besonderes Hindernis vor, das erst wegzuräumen ist. Man hat sich 
gerade hier viel Mühe gegeben, die Unzulässigkeit des Verzichtes näher zu be- 
gründen. 0.V.G. 7. Dez. 1887 (Entsch. XVI 8. 301) schließt ihn aus, weil es sich 
um ein „unverzichtbares Privilegium“ handle. O.Tr. 6. Jan. 1879 (Str. C S. 369)
	        
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