476 Das Recht der besonderen Schuldverbältnisse.
Eine zweite Verfahrensweise verwendet den alten Gedanken,
daß überall, wo es auf Geld und Geldeswert ankommt, Privatrecht
gelte!!, Zu dem Zwecke wird der Begriff des Privatwirtschaft-
lichen, der ja die Abgrenzung liefern sollte, geeignet zugespitzt:
privatwirtschaftlich und folglich privatrechtlich ist die öffentliche
Anstalt überall, wo der Unternehmer es so. eingerichtet hat, daß
er etwas dabei verdient, einen Gewinn macht, eine Einnahme
erzielt. Dann, sagt man, treibe er ein Gewerbe. Diese Art zu
unterscheiden zerschellt an der Tatsache der Gebührenerhebung.
Diese kann die Anstaltsleistung nicht schlechthin privatwirtschaft-
lich machen; auch das Gericht erhebt ja Gebühren. Die Höhe der
Gebühren kann auch nicht entscheidend sein oder gar die heikle
Frage, was dem Unternehmer die Hauptsache ist, das Geld, das
verdient wird, oder das öffentliche Wohl. Das gibt alles nur einen
eingebildeten Maßstab. Das Privatwirtschaftliche hängt überhaupt
gar nicht so ausschließlich am Geldverdienen, sondern die Art, wie
der Unternehmer das macht, will berücksichtigt sein’?. Ein all-
öffentlichrechtliches Rechtsinstitut, das da erscheint? Mit dem alten Verfahren
reichen wir also nicht mehr aus.
ıı Vgl. oben Bd. I S. 117 Note 2.
2 Meissinger in Fin.Arch. XXX S.590. — Laband, StR., ist seit der
2. Aufl. auch diesem andern Gesichtspunkte nähergetreten. Nachdem zunächst
in der erwähnten Weise der Mangel eines Zwanges die Anwendbarkeit des Privat-
rechts rechtfertigen sollte, wird jetzt hinzugefügt (5. Aufl. III S. 52 f.): den maß-
gebenden Gegensatz bilden einerseits „die gemeinnützige Anstalt, die nicht darauf
eingerichtet ist, Geldgewinne abzuwerfen“ (am meisten da erscheinend, wo „die
Benutzung unentgeltlich jedem freistünde“), andererseits der Betrieb „nach Art
eines privatwirtschaftlichen Gewerbes“ (so, „daß Kapital und Arbeit zur Erzielung
eines Vermögenserwerbes verwendet werden“). Danach schiene jetzt die Richtung
auf den Gewinn das Ausschlaggebende zu sein. Doch soll es nicht darauf an-
kommen, daß „der pekuniäre Gewinn das eigentliche Motiv ist, aus welchem ein
Gewerbe betrieben wird“, und ob mehr dieser oder mehr die Förderung des öffent-
lichen Wohles „bei der Verwaltung von wesentlicher Bedeutung ist“. Sondern
entscheidend sind die „Einrichtungen“, die für dieses Ziel getroffen sind, ist der
objektive Befund einer „planmäßigen Vornahme von Rechtsgeschäften und tat-
sächlichen Verrichtungen zur Erreichung eines wirtschaftlichen (pekuniären) Er-
folges für den Unternehmer“. Wo das zutrifft, ist „die Form, in welcher der
Staat diese (seine politischen, volkswirtschaftlichen oder finanziellen) Interessen
realisiert, die privatwirtschaftliche des Gewerbebetriebes“ (S. 58), und das Privat-
recht findet Anwendung, Handelsrecht oder gewöhnliches Privatrecht oder durch
lex specialis geregeltes. Bei der Post wäre das der Fall. Darüber kann man
streiten, vgl. unten Note 7. Jedenfalls dürfte der in den „Einrichtungen“ ver-
körperte pekuniäre Zweck ein verwertbares Unterscheidungsmerkmal sowenig ab-
geben wie der subjektive. Es läuft doch immer wieder auf die Frage hinaus,
welcher von den entgegengesetzten Zwecken, die im einen wie im andern Falle