$ 34. Wirkungen der Enteignung. 43
Diese fügt sich damit ebenmäßig ein in das Ganze unserer
Rechtsinstitute.
2. Die Wirkung des Enteignungsausspruches, vermöge deren er
das Eigentum entzieht, kann man sich wieder auf zweierlei Weise
vorstellen. Entweder man denkt sie gegen den Eigentümer ge-
richtet, dem das Eigentum an seinem Grundstücke dadurch ab-
genommen wird: das Eigentum geht durch die Kraft des Ent-
eignungsausspruches von ihm über auf den Unternehmer. Oder
man läßt die Staatsgewalt durch die Enteignung der Sache sich
unmittelbar bemächtigen mit Wirkung für den Unternehmer; daß
der bisherige Eigentümer sein Eigentum verliert, ist nur die Folge
davon; es wird erdrückt durch die eigentumschaffende Kraft der
Enteignung.
Beides kann als dingliche Wirkung gemeint sein. Aber die
erstere Auffassung ist nichts anderes als ein Rest der alten Idee
des Zwangsverkaufs. Sie bedeutet einen abgeleiteten Erwerb, der
als solcher bedingt wäre von dem Nachweis des Eigentums dessen,
gegen welchen die Enteignung gerichtet, von welchem demgemäß
durch sie Eigentum erworben worden sein soll®,
Unser jetziges Enteignungsinstitut dagegen bedeutet einen selb-
ständigen ursprünglichen Erwerb. Deshalb ist seine Wirkung
unabhängig von einer freiwilligen oder gezwungenen Beteiligung
des bisherigen Eigentümers. Das Gesetz schreibt wohl vor, daß
das Verfahren den richtigen Eigentümer des beanspruchten
Grundstücks bezeichnen und auf diesen eingestellt sein soll. Geht
8 gleichwohl fehl und trifft den unrichtigen Mann, so ist der end-
gültig erlassene Enteignungsausspruch dennoch gültig und voll
wirksam. Also geht auch, wenn man den richtigen Eigentümer
dinglich wirkender rechtsbegründender Verwaltungsakt verlangt wird. Grünhut,
Ent, 8. 183: „Verwaltungsmaßregel“; Prazak, R. d. Ent. S.48: „Staatsakt‘ ;
.Bohland, Ent.R. S.37: „eine Verwaltungsmaßregel, eine Verfügung“ ; Schel-
cher, Rechtswirkungen d. Ent. S. 16: „ein öffentlichrechtlicher Akt“; Fleiner,
Instit, S, 295: „eine Verfügung der zuständigen Staatsbehörde”; Kormann,
Rechtsgeschäftl. Staatsakt S, 112: „eine sachenrechtliche Verfügung“; Koffka,
Ges. über d. Ent. 8. 296: „staatlicher Verwaltungsakt“.
* Der Zusammenhang mit der alten Lehre kann in der Weise betont werden,
daß man den Eigentumserwerb gründet auf einen Enteignungsanspruch, der seiner-
seits „einpersönlicher, kein dinglicher“ wäre (Seydel, Bayr. St.R. III S. 628).
Oder man bewahrt von ihr ein zunächst zu begründendes obligatorisches
Verhältnis zwischen Unternehmer und zu Enteignendem, aus dem dann der
Vollzug durch den Enteignungsausspruch oder mit seiner Zustellung ex lege er-
tolgt (Eger, Ent.Ges. II 8.503 £.; Gierke, D. Pr.R. II S. 496 ff.). Beides führt
notwendig zur Annahme eines abgeleiteten Erwerbes.