4993 Das Recht der besonderen Schuldverhältnisse.
4. Die Anstalt, wenn sie durch die irgendwie geschehene
Zulassung für den Einzelfall in Bewegung gesetzt worden ist, fügt
diesen ein in den ihr eigenen Gang und erledigt ihn mit der
diesem eigenen Sicherheit und Regelmäßigkeit. Der Nutzende hat
nur soweit Einfluß darauf, als es durch ihre eigene Ordnung
vorgesehen und mit dieser vereinbar ist. Er kann die Beamten,
Leiter und Aufsichtsbehörden der Anstalt in geeigneter Weise an-
gehen, um die Beobachtung jener Ordnung und die Rücksicht-
nahme auf seinen Vorteil zu bewirken. Es wird aber bei der Zu-
lassung für ihn kein Rechtsanspruch auf Leistung gegen den Herrn
der Anstalt begründet ®®,
Er hat keine Klage auf Erfüllung. Er hat auch keine Klage
auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung®®. Von den Erstattungs-
maßregeln lediglich gegen den, der das Geschäft des Schlachtens unternimmt,
ohne das öffentliche Schlachthaus zu benutzen. Er ist gesundheitspolizeilicher
Natur und könnte deshalb, im Gegensatz zum Postzwang, je nach den Zuständen
denkbarerweise auch olıne besonderes Gesetz auf Grund der allgemeinen polizei-
lichen Ermächtigungen durchgeführt werden. — Das Telegraphenges. v. 6. April
1892 $ 1 richtet sich umgekehrt lediglich gegen den, der solche Anlagen „er-
richten oder betreiben“ wollte, nicht auch gegen den Benutzer; es handelt sich
um ein reines Telegraphenregal.
Das Preuß. Ges. v. 30. April 1918 $ 1 bestimmt für den Rhein-Weser-Kanal:
„Fahrzeuge dürfen nur mit der vom Staate vorzuhaltenden Schleppkraft fort-
hewegt werden.“ Das ist Schleppzwang für die Schiffer. Wenn man es mit
Rücksicht auf den darin enthaltenen Ausschluß anderer Schleppereiunternehmer
zugleich als „Schleppmonopol“ bezeichnet, so kommt darin die Auffassung zum
Ausdruck, daß es sich bei dem staatlichen Schleppdienst um ein privatwirtschaft-
liches, ein fiskalisches Unternehmen bandle. —
Auch bei dieser Art von Benutzungszwang gilt wie überall, daß das
Nutzungsverbältnis selber davon nicht berührt wird. So für den Schlachthauszwang
Thoma, Polizeibefehl S. 361.
8 Die Erkenntnis, daß das so sei, hat bei Ludewig, Die Telegraphie
3.92 ff. zu einem merkwürdigen Erklärungsversuche geführt. Obne Vertrag kann
auch er nicht auskommen. Um aber die tatsächliche Wirkungslosigkeit dieses
Vertrages zu rechtfertigen, gibt er ihm einen für den Telegraphenunternehmer,
das Reich also, sehr ungefährlichen Inhalt: Es verpflichtet sich dadurch keines-
wegs zur Leistung, sondern verspricht nur, daß seine Beamten leisten; genau
genommen auch das nicht, denn es genügt seiner Pflicht, wenn es sein Möglichstes
tut, dafür zu sorgen, daß die Beamten mit diesen Leistungen beauftragt und dazu
angehalten werden. Die bestehenden Einrichtungen mit ihrer bekannten Vortreff-
lichkeit stellen die Erfüllung dieser Zusage des Reiches dar, weshalb dann auch
aus dem Vertrage von ilım nichts weiter zu verlangen ist.
Das Bild entspricht ungefähr dem, welches sich das A.L.R. II, 15 Abschn. 4
von dem Frachtvertrag der Postämter gemacht hat, durch den die Postbeamten
allein verpflichtet werden (vgl. oben Note 17).
*° Es ist ja nicht immer leicht, die gewünschten Verträge über die zu ge-